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Hier besuchte ich ihn am 23. Januar 1863, um der ersten Aufführung seines Dramas: „Der Wilderer“ auf der dortigen Hofbühne beizuwohnen. Ich hatte dasselbe schon am 14. October 1862 in Leipzig über die Bretter gehen sehen; es war eine dramatisirte Novelle, bühnengeschickt gemacht und reich an ergreifenden Scenen, aber verletzend für das Gefühl bis zum Abstoßenden. In Gotha war der Hof, das Publicum in ungewöhnlicher Zahl vertreten; aber auch da brachte, trotz der günstigen Stimmung und dem brillanten Spiele der Versing-Hauptmann, des Stück es nicht über einen Succès d’estime. Damals vertraute mir der Freund an, daß er sich wieder zu verheiraten gedenke, und bald darauf erfolgte die Anzeige seiner Verlobung mit Louise Visscher von Gaasbeck. Die Braut war die Tochter eines früheren holländischen Residenten, welchen Gerstäcker in Java kennen gelernt hatte; ihre Erziehung war in dem Marien-Institut und in einem befreundeten Hause zu Gotha vollendet worden.

Ich kann mich nicht enthalten, hier das Hochzeitsgedicht mitzutheilen, das ihm ein Freund zu seinem Ehrentage widmete und welches der Schwiegervater dem Ueberraschten während der Festtafel, unter ungeheurem Jubel der Gäste, vortrug; poetischen Werth hat es freilich nicht, aber es war so ganz in seiner eigenen Manier gehalten und so reich an Bezügen zu seinen Erlebnissen, daß es zünden mußte. Es lautete:

     Zum 24. Juli 1863.
Was klingt und singt heut’ alle Welt?
Hört Ihr des Lärmes Brausen
Vom Cap der Hoffnung bis zum Belt,
Von China bis Mülhausen?

Es drehen sich im Freudentanz
Der Erde Nationen,
Ob sie in Grönland’s eis’gem Glanz,
Ob unterm Gleicher wohnen.

Heut’ trägt die schönste Büffelhaut
Der Schwarzfuß-Indianer,
Heut’ trommelt noch einmal so laut
Der Südsee-Insulaner.

Heut’ sind die Placers alle leer
Im californ’schen Goldland,
Heut’ winden Blumen um den Speer
Die Wilden in Neuholland.

Mit frischer Butter salben sich
Heut’ Abyssiniens Kinder,
Und der Chinese – wunderlich! –
Riecht heute gut nicht minder.

Heut’ sind Australiens Nasen rein
Und leuchtend alle Blicke;
Heut’ trinkt vom Faß den Apfelwein
Der würdige Kazike.

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Wilhelm von Hamm: Fritz Gerstäcker. A. Hartleben, Wien 1881, Seite 278. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_von_Hamm-Fritz_Gerst%C3%A4cker-1881.djvu/8&oldid=- (Version vom 1.8.2018)