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gehören diese Urtheile, wie gesagt, einer späteren Zeit und gereifteren Anschauung an. Als Jüngling fühlte sich Löhe von Theremin mehr angesprochen. Zum 6. Sonntag nach Trinitatis findet sich in seinem Tagebuch folgende Bemerkung: „11–3/41 schönste Predigt, die ich mich je erinnere gehört zu haben, gehalten von Theremin über den ersten Vers des heutigen Evangeliums Matth. 5, 20. Theremin sagte: er sei immer bemüht, die Summe des Christenthums seiner Gemeinde vorzulegen, nicht blos die ersten Anfänge der Lehre. So that er auch heute. Er betrachtete die Gerechtigkeit der Christen im Gegensatz zu der Gerechtigkeit der Pharisäer als bestehend in Buße, Glaube, Liebe, nach welcher Eintheilung er die Predigt meisterhaft durchführte. Er sprach der Gemeinde diese drei Stücke nicht völlig ab, aber nur sofern auch die Pharisäer, die zur Taufe Johannis kamen, mit Bußregungen kamen, glaubten, weil sie Zeichen sahen und etliche Liebe hatten. Aber das tadle er, daß wir bei dieser Stufe stehen blieben und nicht weiter giengen, nicht zur Buße drängen, die gänzlich das eigene Ich aufgibt, nicht zum Glauben, der nicht um der Buße auch nicht um des Glaubens selbst willen, sondern allein aus Gnaden um des Verdienstes Christi willen hofft selig zu werden, und nicht zur vollkommnen Liebe. Ach gerade den dritten Theil hab ich nicht so gemerkt, ich Armseliger. Und als er so die Gemeinde in solchem reinen Feuer, daß ich meinte, sein schwacher Körper müsse erliegen, erschüttert hatte, sagte er: er wisse wohl, sie könne nicht aus eigener Kraft dahin gelangen, sie müsse beten, er wolle mit ihr beten. Da beugten sich alle Häupter so gerne, nur meines nicht. Ueber der Freude zum Gebet willige Seelen zu sehen, fand ich das Gebet nicht.“

 Ebenso spricht er sich über Predigten von Goßner und Strauß sehr befriedigt und erfreut aus.