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Die Sterne kreisen, leisen Gesanges tönet ihr ewig Chorlied zu meinem geöffneten Ohre und aus den Gräbern herauf antwortet der Puls der Schlafenden gleich Harfenlispeln. Und mir wird heilig ums Herz und ich werfe mich auf meine Kniee und aus meiner Brust dringt eine mächtige Stimme über die Erde im Einklang mit den Weltenchören: „Heilig, Heilig, Heilig ist der HErr!“ – Wehmuthsvoll gedenkt er der Lieben, die unter dem Rasenhügel schlummern. „Ein Vater ruht mir im Grabe, der mich leben gelehrt hätte, eine Schwester, von welcher ich hätte im Leiden Geduld lernen können. Mit Schmerzen gedenke ich Deiner, Du trefflicher Mann! Du dientest der Vaterstadt, so lange Du konntest, und Dein Lohn war Dein Bewußtsein, Du nähmest für keines Deiner Aemter Geld und Gut. Streng und ernst waren Deine Ansichten vom Leben, und darnach lebtest Du als Mann unsträflich. Du warest Herr in Deinem Hause, und wir alle ehrten Dich ὡς θεόν. Noch erinnere ich mich Deiner, wenn Du alterthümlich, aber edel gekleidet einhergiengst, hochgewachsen, stark, ein Mann aus der Väter Zeit. Als Du am Sterben lagest, führte mich die Mutter hin zu Deinem Bette, und ich schwur in Deine erkaltende Hand Treue und festen Schritt Dir nach durchs Leben.“ – An der Stätte der Todten trat ihm auch der Gedanke an den eigenen Tod besonders nah, zumal ihn schon damals die Ahnung verfolgte, die ihn auch in seinem kräftigsten Mannesalter nicht verließ, daß ihm ein frühes Grab beschieden sei. „Wie schnell“ – schrieb er als 17jähriger Jüngling an seinen Freund – „ wie schnell und leicht eine Blume geknickt ist, weißt Du ja, und ich erst, der bei aller Anstrengung den Gedanken nicht wegbringt, der von seinen Lehrern darin bestärkt ist, es könnte wohl jetzt schon ein Wurm in meinen Beinen nagen, wie schnell bin ich vielleicht weg!“ „Könnte, es nicht einmal plötzlich Abend werden, daß ich mit dem letzten