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abgeneigt sind. Meine Mutter ließ mich gewähren, weil meine Lehrer nie klagten, immer lobten und ich immer die ersten Preise ihr vorlegen konnte. Es ist nicht der Mühe werth, hier alles zu schildern, aber wahrlich, ich gieng einen innerlich sehr gefährlichen Weg. Ich möchte ihn nicht noch einmal gehen, meine Natur ist dieselbe. Eine üble Mischung war in mir. Voll inneren Verlangens nach dem Ewigen – voll Verlangens nach Irdischem, konnt’ ich jenem Zuge vor dem Auge des Allwissenden nicht tadellos nachgehen.

 Einmal wankte auch mein Glaube. Ich hörte so Viele zweifeln an dem, was ewig ist, daß es mir fast schien zum guten Ton zu gehören, ein wenig zu zweifeln. Ich besann mich, woran ich zweifeln sollte, und fand, es gienge am leichtesten, ungestraftesten, an den Engeln, die doch meine treuen Freunde von Jugend auf gewesen sind. Bei Tisch, in Gesellschaft meines Vetters, bei dem ich wohnte, unter dessen Mißbilligung sprach ich meine Zweifel dahin. Als ich in meine Stube gieng, schämte ich mich des elenden Treibens.

 Endlich, Herbst 1826, war meine Schulzeit vorüber. Wir waren von der Obermittelclasse statt in die Oberclasse in die neuerrichtete Lycealclasse vorgerückt und also 1825/6 nicht mehr Gymnasiasten, sondern Lyceisten. Als das Ende des Schuljahrs kam, kündigte der Rector mit vieler Entschuldigung an, daß trotz seiner Bemühungen bei der Regierung der Grundsatz geltend gemacht werde, nicht dem ersten Lycealschüler die bisher dem ersten Abiturienten immer zugewendete Medaille zu geben, sondern dem aus der Oberclasse ins Lyceum eintretenden ersten Gymnasialschüler. Dadurch entgieng mir die Medaille. Aber der Rector hätte die Entschuldigung sparen können. Ich durfte nun die Medaille nicht vor allen Leuten in Empfang nehmen, keinen Bückling machen, mich nicht ansehen lassen und das war mir