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Theile es verlangen, so waren sie in einem halben Jahr etwa Brautleute, Eheleute, geschiedene Leute. Pfarrer D. hatte dazu geholfen. Nun verlobt sich der junge geschiedene Ehemann mit einer Tochter eines Verwandten (der über ihn als der einzige Verwandte außer der alten Mutter viel Gewalt hat), das Landgericht gibt Trauattest oder Traulicenz, er meldet sich bei mir zur Proclamation. Ich hatte schon davon gehört, aber nicht genau, und nach meinem elenden, sündlichen, trägen Wesen versäumt mit den Leuten zu reden; wiewohl diese selbst erklärten, ich sei schon zu spät (Novbr.) hier angekommen, um einschreiten zu können, glaub’ ich’s doch nicht und mein Gewissen schreit. Was nun thun? Ich zeige dem Bräutigam Matth. 19, 9, erkläre ihm die Sache, bitte ihn, abzustehen, ich war in keinem Affect, eher in einer Anwandlung von Klugheit und Menschenfurcht. Der Bräutigam weint, erkennt die Sünde, meint, ob er sie nicht bei der Lehre von der Seligkeit allein aus Gnaden doch wagen dürfe; erklärt, wenn sein Schwiegervater zufrieden sei, lasse er die Ehe rückwärts gehen, es gehe ihm ohnehin, seitdem er geschieden, ein Schwert durchs Herz, so oft von Scheidung nur ein Wort gesprochen werde. Ich erklärte ihm: wenn er auf der Sache bestehe, wolle ich ihn zwar proclamieren, aber copulieren würde ich ihn nicht, auch wenn mir’s strictissime befohlen würde; ich sei zwar dran Pfarrer zu werden, aber ich wolle eher resignieren, mein geistlich Amt ganz und gar niederlegen, als wider das Wort des lebendigen Gottes sündigen, das mich richten werde, als eine Ehe einsegnen, welche mein König Ehebruch nennt. Ich sagte ihm Alles ruhig. Am Sonntag-Morgen (den Tag drauf) kommt der Vater der Braut: er kam kurz vor dem Läuten, während ich eine Menge Leute abfertigte, ich eilte, behielt aber wenig Zeit für ihn: doch sagte ich ihm die Sache, er sah sie auch ein, wollte am liebsten von der ganzen