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Art, daß Andere größere zu erdulden haben, aber mir thun eben meine Kleinigkeiten auch weh, wiewohl ich ein Gesicht dazu machen kann, als wäre mir’s Spaß. Genau genommen erkenne ich die fromme Hand Gottes, die mir alle Tage Arbeit genug, einige Freude und einiges Leid dazu gibt. Mein Landrichter war zuerst mein großer Feind, aber einstweilen hat er mich lieb gewonnen, ob ich ihn gleich so beunruhige, daß er, wenn’s ihn ankommt, sagt: weil ich ihm den ganzen Tag im Kopf herum gehe, so könne er nicht eher ruhen, bis ich oder er von hier weg sei. Ich bin aber zu ihm gegangen und hab’ ihm gesagt: „es sei noch nicht aller Tage Abend. Er solle thun, was er wolle, ich wolle aber beten, bis auch er selig zu seines Jesu Füßen liege“, und hab’ ihm damit Krieg angekündigt. Ich mein’, er ist ein Bramarbas und Saulus und werde sich endlich noch bekehren. Was weiß ich, was er alles schwatzt, heut’ so, morgen anders.

 Die Kinder machen mir unter einander Freud und Leid. Ueberhaupt hat mein Lebensgang nichts Ausgezeichnetes und Unerwartetes. Ich weiß nicht, wie es mit schlechten Person anders gehen sollte, wenn’s mir schlecht geht; und wenn’s mir gut geht, weiß ich’s doch gar nicht, warum? Ich weiß nicht, warum mir’s gut geht, wenn ich meinen inneren Menschen frage; und doch kommen mir im äußeren Menschen oft so hochmüthige Gedanken, daß der inwendige Mensch fast darunter erstickt. Nichts ist mir schädlicher, als wenn ich viel unter Leuten bin; sogar die Seelsorge befleckt mich. Oft mein’ ich, meine Feinde lieber haben zu müssen als meine Freunde, weil jene mehr für meine Demuth sorgen; aber wenn ich mit Widersachern rede, kann ich, weiß nicht wie, so ungeniert reden, als wär’ ich der Herr der Welt. Man gibt mir ins Angesicht recht und das nährt ja auch nur meinen Stolz.