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Zu Capitel IV: Kirchenlamitz.




An Frau Dor. Schröder.


Kirchenlamitz, ohne Datum. 

 Geliebte Schwester!

 Jener alte Kirchenvater rief, so oft er die Ruthe des Herrn nicht spürte: „Herr, wo bist Du? Ich spüre Deine Ruthe nicht.“ Und das Wort der Wahrheit spricht: „Welchen Er lieb hat, den züchtigt Er“. Wie lieb mußt Du also dem Herrn sein, da Er Dich einmal um das andere Mal so ernsthaft züchtigt, – und wie ernsthaft muß er vorhaben, Dich zur ewigen Seligkeit vollzubereiten, da Er Dich mit dem Gedanken des Abscheidens immer vertrauter macht und Dich immer mehr Blicke in das jenseitige Wesen thun läßt!?

 Er bedarf nicht nur Leute, welche Ihn durch gute Werke preisen: Er will auch solche, die Ihn durch stillergebenes Leiden verherrlichen und mit ihrem Verhalten beweisen, daß die inwendige Herrlichkeit des Christen, d. i. Er selbst, der in den Christen wohnt, größer ist, als die auswendige oder inwendige Versuchung der Welt und ihres Fürsten. Ja, weil Niemand vermöchte, ohne Seinen Beistand Ihn im Leiden zu verherrlichen, so reicht Er selbst Willigkeit und Kraft und Süßigkeit dar. – Ich habe mich mehr gefreut über Deine Krankheit als ich getrauert habe (ob mir gleich sehr weh geschehen ist), weil ich