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 Ist aber Christus für Sünder in die Welt gekommen, sind Sünder Sein Himmelreich, so kann freilich an Ihm, an Seines Reiches Seligkeit keinen Anspruch machen, wer kein Sünder sein will, sondern sagt: „Ich habe keine Sünde!“ Er hat ja keine Sünde, was geht also ihn JEsus an, der Sünder Heiland? Was JEsus, die Versöhnung für unsere Sünde? Was das Lamm Gottes, um unserer Missethat willen verwundet, um unserer Sünde willen zerschlagen? Er hat keine Sünde, er ist ja selbst gerecht; wozu für ihn das blutige Sühnopfer, wozu für ihn die fremde zugerechnete Gerechtigkeit JEsu Christi, des Gerechten?

 So verwirft die Welt den einzigen Weg zur Seligkeit, den ihr Gottes höchste Weisheit selbst erfunden hat. Sie will JEsum, sie will den Weg Gottes ihren Augen nicht gefallen lassen, billig kommt sie also auch nicht zum Ziele dieses Weges, zu der ewigen seligen Ruhe Gottes in Christo JEsu.

 Daß nun die Welt der ewigen Seligkeit verlustig geht, ist nicht zu verwundern. Ihr ist kein neuer Sinn gegeben zur Erkenntnis ihrer selbst und JEsu; ihre Augen sind gehalten, ihre Sinne und ihr Herz umnebelt und gefangen vom Gotte dieser Welt, daß sie in JEsu den einzig wahren Weg nicht erkennen kann.

 Aber daß die, die schon erkannten ihre Sünde, und gewaschen waren von derselben, und versetzt durch Gnad’ und Glauben auf den rechten Weg, die schon von fern gesehen und gegrüßet hatten das herrliche Ziel des Weges und geschmeckt den Vorschmack der ewigen Seligkeit, daß die Kinder Gottes, aus Gott geboren, mit Seinem Geist gesalbt, daß ihr, ihr gesalbten Kinder Gottes, – ihr eure Sünde und mit ihr die Nothwendigkeit des Opfers JEsu für euch wiederum verläugnen solltet; – das hätt’ ich nimmermehr für möglich gehalten, wenn nicht Johannes in unserm Texte eures Gleichen, Kinder Gottes, davor warnete!

 Weil’s aber so ist, weil der Geist, der in Johannes lehrte, jene hohen Christen, denen’s bei ihrem schmalen Wege JEsu bereits so wohl geworden war, doch noch für verführbar hält, – freilich ja! so seid auch ihr Geliebte! noch nicht so fest auf dem rechten Weg, daß ihr nicht verführbar wäret.

 Ich sah vorzumal in euch heilige Vorbilder auf dem Weg zur Seligkeit; ich sah euch ausgerüstet mit den Gütern der Gnade Gottes, mit Kraft von oben zu beharren auf dem rechten Weg. O! dacht’ ich, daß du wärest, wie deren einer, diese werden beharren, diese kann Nichts verführen, diese gelangen gewiß zum ewigen Ziel! O, sagte ich, wie wird die Fülle der Gnade sie demüthigen, wie tief werden sie dadurch gegründet werden in der Erkenntnis ihrer Unwürdigkeit und Sünde, wie werden sie Gott