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Pfingsten kommen, so würde diese Zeit durch viele Besuche wohl unruhig werden. Die Pfingsttage selbst sind große Lustbarkeiten in Frankfurt, ruhig kann ich diese Zeit nicht nennen.“ –

 So trat Löhe erst in der Woche nach Pfingsten seine Brautreise an. Mit ernsten Gedanken schickte er sich zu dieser Brautfahrt an. „Ich bitte den Herrn“, heißt es in seinem Tagebuch, „er wolle meine Seele vor Bräutigamsleidenschaft bewahren und mir Helenen gegenüber ein reines, stilles Herz schenken, das Seinen Frieden verkündigt mit klugem Worte und männlichem, heiligen Benehmen, wie es eines Knechtes Christi würdig ist. Der Herr erbarme sich, daß ich nicht untüchtig werde für das heilige Amt, nicht an einer Klippe Schiffbruch leide, an welcher schon so manches Schiff eines pfarrlichen und christlichen Gemüthes zerbrochen ist.“

 Diesen seinen ersten Besuch und Aufenthalt im Hause seiner zukünftigen Schwiegerältern hat Löhe nach dritthalb Jahrzehnten, aber mit noch frischer Erinnerung in dem 1861 geschriebenen Lebenslauf der Frau Emilie Fresenius Andreae geschildert, den wir bei den folgenden Mittheilungen benützen. Der Vater der Braut nahm den zukünftigen Schwiegersohn an der Post in Empfang, während diese selbst mit ihrer Mutter im stillen Frauenzimmer auf die Ankunft des Mannes wartete, der ihr selbst fremd geworden war, obwohl sie sich entschlossen hatte, mit ihm durchs Leben zu gehen. Helene war eine schlanke Jungfrau, rosigen Angesichts, welche mit der natürlichen Anmuth eine Art von stiller, schweigender und ernster Einfalt verband. Kaum reichte sie, nach Uebereinkunft, um sich dem Bräutigam kenntlich zu machen, der fürchtete, beim ersten Zusammentreffen sie nicht mehr zu kennen, kaum reichte sie ihm die Hand, um ihm zu verstehen zu geben, sie sei die Seine. Als sie nach den ersten Stunden der Begrüßung ihrer Stille wegen von der Mutter