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 „Am 15. Junius 1834 war ich als Pfarrverweser bei St. Aegidien nach Nürnberg gekommen. Ich zog zu meinem Freund, dem Essigfabrikanten Andreas Volk, in das große Haus, welches auf dem Webersplatz frei steht und deshalb die Insel genannt wird. Meine Stube war einen Stock hoch im Thurm des Hauses, der auf den Webersplatz sieht. Eine große, schön getäfelte und gebohnte, alterthümliche Stube. Eine Stiege höher wohnte eine mir schon seit Jahren bekannte und werthe Familie, die des Onkels meiner seligen Helene, Herrn Christian Helferich. Mit den Familien Volk und Helferich wuchs ich ganz zusammen. Die Wohlthaten, welche mir beide erzeigten, werde ich nie vergessen. – Bei Helferich’s wohnte ein kleines Mädchen von Frankfurt, Caroline Andreae, die Schwester meiner Helene, eine Nichte der Frau Helferich. Da ich diese kannte, so mußte ich am 6. Januar 1835 ihretwegen ein Gutachten abgeben, und dies war die erste Berührung mit meiner nachmaligen Schwiegermutter, Carolinens Mutter, welche mich übrigens aus einem Brief, den ich an Frau Helferich von Kirchenlamitz aus geschrieben hatte, schon kannte.

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 „Caroline, eure Tante, war Ursache, daß eure Großmutter gegen Ende – oder besser in der zweiten Hälfte des Januar 1835 – nach Nürnberg kam und mit ihr eure selige Mutter, welche damals noch nicht sechszehn Jahre alt war. Als ich in meinem Hauspelz einmal die Stiege zu Helferich’s hinaufstieg, sah ich ein schon ziemlich lang gewachsenes Mädchen, das aber in den Gesichtszügen noch etwas sehr Kindliches, obschon auch etwas Bestimmtes hatte, neben Caroline unter einer Kammerthür stehen. Sie sah mich neugierig und lächelnd an. Das war sie. – Am 21. Januar kam sie mit ihrer Mutter auf mein Zimmer, und da ich weiß nicht welche nähere Umstände eure Großmutter zu einem längeren Verweilen in Nürnberg zwangen: so kam sie