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nicht an Verfolgungen; die schön gemachten Haare zu zerstören, den Ballstaat verhöhnen und womöglich verderben, necken bis aufs Blut war die Bezahlung, welche ich für die Weltlust gab. Zum einfachen Haushalt schien mir dies alles nicht zu passen, und wenn auch nicht Gründe eines heiligen Lebens, doch des Grimms über ein Abweichen von der Bahn der angebornen Verhältnisse und der Einfalt machten mich scharf. Und doch würde man ganz falsch schließen, wenn man glaubte, es sei in dem Mädchen ein pur-weltliches Wesen herrschend gewesen. Die Kirche, das Sacrament, das tägliche und sonntägliche Gebet wurden von ihr gepflegt; sie hatte Sinn für Gottes Wort und heilige Feier; die Abende wurde viel vorgelesen – und woraus? Aus der Bibel, aus Luthers Schriften, aus Klopstock’s Messias etc., aus Gellert, aus den Glockentönen von Strauß etc. Das alles langweilte nicht. All die Lectüre schien zu Goethe, Schiller, Hölty, Matthison, Seume, Pichler etc. ganz wohl zu passen.

 Meine Schwester wurde hernach die Frau eines Pfarrerssohnes, Pflegerin eines hochbetagten Pastors. Fürth wird ziemlich die größte Parochie in Bayern sein. Circa 15000 Seelen sind damals der Sprengel eines Pfarrers gewesen, dem zwei Diakonen und ein Vicar zur Seite stand. Der alte Dr. Fronmüller war schon über 50 Jahre Pfarrer gewesen, verwittwet, von seinem Sohne Wilhelm nothdürftig gepflegt, als es diesem rathsam erschien zu heirathen. Er war Kaufmann, der seinen Handel (mit Manufacturen) ins Ausland nach Frankreich führte, wohnte aber im Stadtpfarrhause bei seinem Vater. Meine Mutter, welche den alten Pfarrer, der sie confirmiert hatte, hoch verehrte, sah die Heirath eben so gerne, als der alte Pfarrer und sein Sohn, und meine Schwester begriff auch schnell, daß ein so durchaus solider Mann auf die Dauer ihr werther sein würde, als jeder andere.