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meiner Pfarrhauspforte versammelt, weil sich die Sage verbreitet hatte, daß Sie angekommen seien. Wir wünschen von Herzen, daß es bald wahr werden möge, und zwar auf längere Zeit, während welcher wir so recht von Herzensgrund Anspruch auf Ihre Beherbergung machen.

 „Nun fällt mir nichts mehr ein, das Sie interessieren könnte. Daher noch ein tausendfaches herzliches Lebewohl von uns allen. In inniger Freundschaft und Liebe

  Ihr

ganz ergebener alter 
Sommer.“ 


 So war Löhe’s Verhältnis in seiner Stellung als Vicar zu seinem alten Pfarrer. Noch schöner war sein Verhältnis zur Gemeinde. Diese Gemeinde war seine erste Liebe und hieng auch ihrerseits mit Liebe, ja mit Begeisterung an dem bei seiner Ankunft in Kirchenlamitz doch erst 23jährigen Vicar. Die Kinder in den Schulen hatten ihn lieb, und was mehr sagen will, die heranreifende Jugend der Gemeinde war ihm innig zugethan. Einzeln[1] und in Hellen Haufen, oft über 20 auf einmal, kamen die jungen Leute zu ihm. Er redete dann ein Wort zu ihren Herzen oder betete und las die Bibel mit ihnen. Für jedes Bedürfnis von jung und alt hatte er


  1. Dabei passierten hie und da auch komische Geschichten. Eine derartige erzählt Löhe in seinem Tagebuch: „Eine Bauerndirne kommt, sie wolle den Herrn Vicarius auch einmal besuchen. Ich fragte über geistliche Dinge und es schien beinahe, als wäre sie nicht gar ohne geistlich Leben. Ich merkte, sie wolle etwas Anderes, ermunterte sie, es zu sagen. Ob ich ihr dienen, helfen könne? Antwort: „Weiß halt net.“ Nach noch mehreren Fragen sagte sie: „Ich mahn halt immer, – Sie senn mei Schatz.“ – Ich gab ihr derbe Lehren und wies sie sanftmüthiger auf Christum Jesum hin. Da gieng sie weinend fort.“