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Pfarrers zu schicken und die Geltendmachung selbständiger Ansichten auf die Zeit zu sparen, wo ihm Gott eine selbständige Stellung an einer Gemeinde anweisen würde. Gegen einen seiner jüngeren Freunde, der nachher auch sein Vicar wurde, äußerte Löhe später einmal: „er habe hundertmal mit den Anordnungen seines Pfarrers nicht übereingestimmt, habe aber sich gesagt: ,wenn Du einmal Pfarrer wirst, dann machst Du alles anders, als Dein alter Herr, so lange Du aber sein Vicar bist, machst Du alles, wie er’s haben will.‘ Seit der Zeit habe er immer gehofft, Gott werde ihn in seinem Alter auch mit einem Vicar segnen, der sich freudig in seinen Willen fügen und nicht befürchten würde, durch Gehorsam sich zur Unselbständigkeit zu erniedrigen.“ Der alte Herr erkannte, was Gott an Löhe ihm und der Gemeinde für einen Schatz gegeben, und konnte bei eigener immer größer werdender Schwäche und Untüchtigkeit dem großen Gelingen seines jungen Vicars neidlos zusehen. Er gewann ihn so lieb, daß er sich von ihm nicht mehr trennen wollte. Als das Consistorium die Entfernung Löhe’s von Kirchenlamitz verfügte, war nicht blos in der Gemeinde, sondern auch im Pfarrhause Weinen und Jammer, und der alte Herr wehrte sich gewaltig gegen das vom Consistorium an ihn gerichtete Ansinnen. Es war vergebens. Es folgte ein neues Rescript, in welchem dem Pfarrer Sommer die sofortige Entlassung seines Vicars in gemessenster Weise anbefohlen wurde. Mit Thränen in den Augen händigte der alte Mann seinem Vicar dies Rescript ein und fügte sich nur unter innerem Wehe in die Nothwendigkeit der Trennung. Nach seinem Weggang erhielt Löhe einen Brief, in welchem Pfarrer Sommer seine Anhänglichkeit an seinen ehemaligen Vicar in rührender Weise ausspricht. Wir theilen ihn hier mit.