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dachten wir an Gefahr nicht. Am Sonntag war das Knäblein besser, aber meine liebe Dorothea voller Angst; wie fielen ihr ihre Sünden so schwer auf, daß ich in ihrer Traurigkeit sie trösten mußte. Sie meinte: es sei Strafe von Gott, daß ihre Kinder so leiden müssen; ich sagte: es sei Gnade für sie und ihre Kinder, das solle sie merken auf die Stunde, wenn’s ärger würde, ich dachte dabei nicht an Conrads Tod. Es gab sich mit dem Knaben, gestern aß er wieder mit Appetit. Aber nach Mittag kam der Husten stärker. Dennoch gieng ich munter heim und dachte nichts, denn mein Herz war wieder gar kieselhart, wie ich denn oft vier Wochen meinen kleinen Glauben suchen muß, bis ich ihn finde. So legte ich mich nieder; aber heute Morgen 1/26 Uhr wurde ich eilends hinaufgeholt und betete: ‚Dein Wille geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden!‘ Frühmorgens hatte das Unkraut jämmerlich repetiert. Als ich kam, lag das Kind in leisen Zuckungen, die Mutter aber und der Vater beteten still und laut um ein seliges Ende. Ich fand mein Herz nicht bald, nur zuweilen fand ich ein Wort aus der Schrift, denn mein Herz ist gar hart. Nach einer Weile kam das Knäblein zu sich und rief den liebsten Namen, den es kannte, den einzigen, den es reden konnte: ,O Mama, o Mama!‘   doch war’s bald wieder weg, und der Kinnbackenkrampf schloß dem Kind die Lippen, und sein Verstand schwand. Nun kamen heftige Zuckungen, durchdringende Töne, fürchterlich für den, der nichts hat, als das todte Leben. – Meine Dorothea rief auf den Knieen JEsum an um Gnade, ich antwortete in Seinem Namen: ‚Barmherzig und gnädig ist Er auch im Schmerz; Er kommt im Schmerz, schrei nicht nach Ihm; Er ist schon vorhanden; Er hat das Kind erlöset, Er hat’s bei seinem Namen gerufen, es ist sein‘ u. s. w. Da hob mein Conrad immer mehr seine