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sei. Er aber sammelte unbeirrt von allem, was ihn stören und aufhalten konnte, sich einen Schatz von Kenntnissen und Erfahrungen, der ihm für die geistliche Thätigkeit nützlich werden sollte.

 Dazwischen einmal predigte er, nicht eben sehr häufig, sondern so viel, als ihm für seine Uebung nöthig schien. Seine erste Predigt hielt er am Sonntag nach Weihnachten 1828 über Hebräer 13, 8. in Poppenreuth unter heftigen Zahnschmerzen, doch „ohne Stocken, noch Angst bei stiller Versammlung“. Er hatte sich auf dies sein erstmaliges Auftreten gewissenhaft vorbereitet und mit dem Studium seines Textes bereits drei Wochen vorher begonnen. Vom häufigen Predigen der Studenten war er kein Freund und rieth auch andern davon ab. Desto mehr freute er sich auf die Zeit, wo ihm das Predigen nicht mehr blos Sache der Uebung oder ein seltenes Nebengeschäft, sondern sein stetiger Beruf sein würde.

 Allein eben hierin wurde seine Geduld auf eine ziemliche Probe gestellt. Löhe hatte in Nürnberg die sogenannte Lycealclasse absolviert, deren Besuch dem ersten Jahr des Universitätsstudiums gleich gerechnet wurde. Er würde somit die Universität im Herbst des Jahres 1829 verlassen haben. Da er jedoch die praktischen Seminarien bis dahin noch nicht besucht hatte, so weigerte sich der Prorector ihm das Universitätsabsolutorium auszustellen. Löhe blieb nun nichts übrig, als von Fürth aus, wo er seit dem 29. October 1829 seinen ständigen Aufenthalt nahm, wöchentlich einige Stunden zum Besuch der Seminarien sich nach Erlangen zu begeben. Das Examen schob sich allerdings unter diesen Umständen für ihn um ein ganzes Jahr hinaus, doch benützte er die so gewonnene Muße aufs eifrigste zur Vorbereitung für dasselbe.