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Wilhelm Löhe: Von dem göttlichen Worte, als dem Lichte, welches zum Frieden führt

warum meistens ein erröthendes: „Nein!“ ein verlegenes: „Ich weiß nicht!“ ein stürmisches, leidenschaftliches: „Ja!“ dem man es gleich abmerkt, daß es, vom Augenblick geboren, schlechter ist, als: „Nein!“ und „Ich weiß nicht!“? – Warum wachen in den Predigten evangelischer Lehrer so viele, namentlich junge Herzen auf, hören sehnsuchtsvoll und fleißig, ringen und kämpfen, daß man für ihre Redlichkeit einstehen zu können glauben sollte; – und nach wenigen Jahren, bei Veränderung der Verhältnisse, wenn sie sich verehelichen, oder überhaupt ihren eigenen Heerd bauen, verschwindet das jugendliche Christenthum mit den rothen Wangen; und eben jene hoffnungsvollen Erweckten, die Freude und Krone ihrer Lehrer, werden erfunden als des Grases Blume, die, nicht von jenseits, sondern aus der Erde entsprossen, ihre Zeit hatte, wie alles Ding in der Welt? Was ist’s, daß mancher reifende Mann, manche nüchtern gewordene Frau auf die Erweckung ihrer Jugend schmerzlich lächelnd sehen, und behaupten, diese Erweckung sey ihre Jugendfreude gewesen, wie denn ein Jeder seine Jugendfreude habe, – sie sey aber, wie andre Jugendfreuden, obschon allerdings reiner und heiliger, doch nur Schwärmerei gewesen? Woher kommt’s, daß so Mancher auf junge, in der ersten Erweckung glühende Seelen mit einer Art von Geringschätzung herabsieht, und spricht: „So bin ich auch einmal gewesen; es war aber Nichts!“?

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 Es können vielleicht von diesen traurigen Erscheinungen unsrer Tage mancherlei Ursachen nachgewiesen

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Von dem göttlichen Worte, als dem Lichte, welches zum Frieden führt. in Commission der J. Ph. Raw’schen Buchhandlung, Nürnberg 1842, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Von_dem_g%C3%B6ttlichen_Worte.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)