Seite:Wilhelm Löhe - Von Kleinkinderschulen.pdf/28

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mit verschiedenen Büchern, die vom Anschauungsunterricht handeln, sondern auch mit Bilderwerken bekannt zu machen, aus denen man die gewöhnliche Stufenfolge des Unterrichts mit ihren Vorzügen und Fehlern kennen lernen kann.

 Zu dem, was die Kinderlehrerin zu lehren hat, gehört auch die Einführung in die Elemente des Zeichnens und der Formenlehre. Es gibt Anlagen zum Zeichnen, die sich von Kindesbeinen an verrathen. Wo sie sind, ruhen sie nicht, sondern treiben den Menschen zum Schaffen. Besitzt jemand solche Anlagen, so werden sie durch Bildung und Unterricht schnell gefördert, schneller, wie es scheint, als es bei der Entwicklung und Erziehung anderer Anlagen der Fall ist. Hat einer keine Anlagen, so wird er mit dem größten Fleiße kein Künstler; es kann alsdann der Zeichenunterricht vernünftigermaßen keine weitere Absicht haben, als zum Anschauen und Würdigen der Erzeugnisse anderer Verstand und Uebung zu geben. Ist nun auch der Zeichenunterricht von der nicht sehr häufigen Anlage bedingt, wenn eine rechte Leistung erzielt werden soll, so kann man es doch mit den Elementen des Zeichnens und der Formenlehre bei jedem Kinde versuchen. Das einfachste Material, auf welches gezeichnet wird, ist der Sand am Wege, und der einfachste Griffel der Finger oder die Zehe. Vom Sande kann man wohl zur Wandtafel übergehen, Und erst von dieser zur Schiefertafel und zum Papier. Es scheint dem Wachsthum des Kindes weit angemessener, von groß zu klein, von ungenauem Unterricht zum genauen fortzuschreiten. Jedenfalls muß die Lehrerin, was sie lehren will, selber können und sich auf irgend einen Leitfaden der Formenlehre einüben. Manche Kinder haben eine besondere Anlage zum Linearzeichnen, welche man allerdings unterstützen sollte. Auch wer nicht besonders zum Zeichnen befähigt ist, kann darin etwas leisten, und es ist wohl keine Frage, daß es der Mühe werth ist, Kinder, die in der Nähe der deutschen Schulzeit oder drüber hinaus sind, mit dieser Art des Zeichnens zu beschäftigen. Sie ist nicht blos eher jedermanns Ding als das freie Handzeichnen, sondern sie ist auch gemeinnütziger als dieses.

 Endlich darf wohl auch nicht vergessen werden, daß eine Kleinkinderlehrerin die Kinderstimmen zum Gesang

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Von Kleinkinderschulen. Gottfried Löhe, Nürnberg 1868, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Von_Kleinkinderschulen.pdf/28&oldid=- (Version vom 8.8.2016)