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Besonderheit herauszusuchen, und sich von ihr unterhalten, lehren, strafen zu laßen, mit einem Worte, sie zu benützen; der fährt oft seinem Ziele zu, ohne des Weges zu achten, nichts spricht ihn mehr an, er eilt mit dem Gedanken mehr als mit dem Fahrzeug und dem Wege zum Ziel und Zweck, und es ist ihm, was zwischen Ausgangs- und Endpunkt der Reise liegt, oft eitel Aufenthalt und Seelenplage. Dann wird die Zeit so lang, die Gedanken lösen sich schwer aus dem Abgrund der Seele und man sinkt so gerne in ein dumpfes, regungsloses Brüten; wie eine lahme Gebundenheit umfaßt den müden und kranken Geist. Eine ganz andere Versuchung ist das, als die Reiselust, aber keine geringere, vielleicht eine beschwerlichere, und die meine und vieler meiner Brüder Seelen oftmals anficht. O wie hebt sich da der Flügel der Seele so schwer! Die Pferde und der Dampf schleppen den finsteren Träumer, von dem auch die Bezeichnung Träumer noch zu viel Bewegung aussagt, dahin wie einen schwerfälligen Stein, bis er endlich zu seinem Ziele gelangt, und dann erst allmählich wieder Regung bekommt.

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 Aus der langen Weile kommt diese melancholische

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Wilhelm Löhe: Raphael. U. E. Sebald’sche Verlagsbuchhandlung, Nürnberg 1862, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Raphael.pdf/45&oldid=- (Version vom 1.10.2017)