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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

werden als ihr Freund und Pfleger! Wahrlich, meine Brüder, wenn wir den Lebenslauf und das Thun des HErrn nicht einem blinden Zufall, sondern einem heiligen Plane zuschreiben müßen; so müßen wir auch zugestehen, daß es Seine heilige Absicht gewesen ist, gleich beim ersten Auftritt so zu erscheinen, wie ich sagte, als ein Freund der Ehe. Es ist kein rednerischer Trugschluß, den ich mache; ich weiß, was ich sage; so erkenne ich meinen HErrn. Gelobt sei drum JEsus Christus und Seine heilige Schonung für alle Pflanzen, welche Sein himmlischer Vater gepflanzt hat! Mögen auch wir schonen, was Er geschont hat, und von uns allen keiner über eine Anstalt des hochgelobten Schöpfers und Erlösers, wie die Ehe ist, ein ungleich Wörtlein sprechen, geschweige daß wir in den Ton der Welt einstimmten! Mögen wir gegenüber einem schamlos höhnenden Geschlechte Muth und gutes Gewißen haben, die heilige Ehe zu ehren, wie auch Christus that, und uns frank und frei zur Verachtung alles deßen erheben, was zu ihrer Schmach gesagt wird! Laßt es uns gerade heraus sagen, und wers widerlegen kann, der mag es! Wo die Ehe nicht geachtet wird, da gilt auch keine Ehelosigkeit! Wo die Ehe nicht heilig ist, ist auch eheloses Leben nicht heilig; ja, da ist Hurerei und Unreinigkeit zu Hause, nicht aber Ehre für Scham und Zucht, nicht männliche Schonung für das schwächere Geschlecht des Weibes. Mit der Ehre der heiligen Ehe fällt die Ehre des ehelosen Standes: beide haben allzeit einerlei Looß. Und mit der Ehre für Ehe und Jungfrauschaft fällt alles. Was ist dein Vater und deine liebe Mutter, wenn die Ehe nicht heilig ist? Was ist dann Gott, der Mann und Weib geschaffen, und Seine Gebote, das vierte und das sechste, das neunte und das zehnte, ja alle zusammen? Und was bist du selber ohne Heiligkeit der Ehe!


 Gesegnet seien die heiligen Hände, die unsern heutigen Text aufgezeichnet haben! Ja, das ist schön, daß JEsus über Seine Mutter so hoch erhaben ist und sich doch zu armen Eheleuten herunterneigt und ihnen ein Wunder schenkt; daß Er die Mutter von sich weist, wenn sie sich ihrer Würde nur im mindesten überhebt, sonst aber alle Vaterschaft und Mutterschaft mit einer gnädigen Offenbarung Seiner Herrlichkeit krönt. Einen solchen HErrn, Hohenpriester und Heiland sollten wir haben, der da wäre heilig, unschuldig, unbefleckt und von den Sündern abgesondert, der aber auch alles, was menschlich ist, der Entsündigung fähig achtet und es in Seine heiligen Hände nimmt, entsündigt, segnet, läutert, ehrt. Sein segensvolles, wunderbares Walten mehrte den Jüngern den Glauben, und wie sollten wir Dem und an Den nicht gerne glauben, der sich mit Seiner heiligsten Person und Seinen Wundern so gnädig zu dem Stande neigte, aus dem wir alle geboren sind? Ihm komme entgegen Beifall und Anbetung des menschlichen Geschlechtes, und Er sei auch von uns gepriesen im Namen aller ehelosen und ehelichen Christen, sei gepriesen hier wo man freit und sich freien läßt, und dort, wo alle, die Ihm hier gedient haben, schauen werden und erfahren das engelgleiche Looß, das Er Seinen Heiligen bereitet hat! Amen.




Am dritten Sonntage nach dem Erscheinungsfeste.

Evang. Matth. 8, 1–13.
1. Da Er aber vom Berge herab gieng, folgte Ihm viel Volke nach. 2. Und siehe, ein Aussätziger kam und betete Ihn an und sprach: HErr, so Du willst, kannst Du mich wohl reinigen. 3. Und JEsus streckte Seine Hand aus, rührete ihn an und sprach: Ich will es thun, sei gereiniget. Und alsbald ward er von seinem Aussatz rein. 4. Und JEsus sprach zu ihm: Siehe zu, sags niemand, sondern gehe hin und zeige dich dem Priester und opfere die Gabe, die Moses befohlen hat, zu einem Zeugnis über sie. 5. Da aber JEsus eingieng
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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 079. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/90&oldid=- (Version vom 22.8.2016)