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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

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Anhang.
Kurze Vorträge für die nachbenannten kirchlichen Feste.

Am Tage Marien Reinigung.

Luc. 2, 22–32.
22. Und da die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Mosis kamen; brachten sie Ihn gen Jerusalem, auf daß sie Ihn darstelleten dem HErrn; 23. (Wie denn geschrieben stehet in dem Gesetz des HErrn: Allerlei Männlein, das zum ersten die Mutter bricht, soll dem HErrn geheiliget heißen.) 24. Und daß sie gäben das Opfer, nach dem gesagt ist im Gesetz des HErrn, ein paar Turteltauben, oder zwo junge Tauben. 25. Und siehe, ein Mensch war zu Jerusalem, mit Namen Simeon; und derselbe Mensch war fromm und gottesfürchtig, und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war in ihm; 26. Und ihm war eine Antwort worden von dem Heiligen Geist, er sollte den Tod nicht sehen, er hätte denn zuvor den Christ des HErrn gesehen. 27. Und kam aus Anregen des Geistes in den Tempel. Und da die Eltern das Kind JEsum in den Tempel brachten, daß sie für Ihn thäten, wie man pfleget nach dem Gesetz; 28. Da nahm er Ihn auf seine Arme, und lobete Gott, und sprach: 29. HErr, nun läßest Du Deinen Diener im Frieden fahren, wie Du gesagt hast; 30. Denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen, 31. Welchen Du bereitet hast vor allen Völkern, 32. Ein Licht zu erleuchten die Heiden, und zum Preis Deines Volkes Israel.

 VIerzig Tage nach der Geburt des HErrn feiert man den Tag der Reinigung Marien und der Darstellung des Neugeborenen und Beschnittenen im Tempel. Der evangelische Text, welcher an diesem Tage gelesen wird, enthält aber nicht bloß die Geschichte der Reinigung Marien und Darstellung JEsu, sondern noch eine zweite, nämlich die von dem Entgegenkommen Simeons und seinem Lobgesang. Der Tag hat von der ersten Geschichte den Namen, allein ob ihr die zweite nicht den Rang abläuft und den Herzen der Christen theurer ist, das ist eine andere Frage. Die erste ist alttestamentlich und zeigt, wenn irgend eine, daß schon damals alles alttestamentliche Wesen Werth und Bedeutung verlor; die zweite ist neutestamentlich und duftet uns armen Heiden von Gnade und Friede und Freude. Es haben mehrere Geschichten, die uns aus der Kindheit JEsu erzählt werden, den Charakter, als wenn sich das Alte und Neue Testament begegneten, um einander abzulösen; so z. B. die Geschichte der Heimsuchung Marien, wo sich in Elisabeth und Marien das Alte und Neue Testament zum Valet und Gruß anzusingen scheinen. Besonders aber sind die heutigen Textgeschichten von der Art, daß sie diesen Eindruck machen. Ich denke, wenn wir nun beide Geschichten etwas genauer ansehen, wird sich auch in euern Seelen dieser Eindruck erzeugen.

 Unmittelbar vor dem heutigen Texte steht die Geschichte der Beschneidung. Die Beschneidung ist dem Sinne nach ein Vorbild und Anzeichen, daß unsre Entstehung, unsre Erzeugung und Geburt durch die

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/501&oldid=- (Version vom 1.8.2018)