Seite:Wilhelm Löhe - Evangelien-Postille Aufl 3.pdf/286

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

keiner. Sein Name ist über alle Namen. Vor Ihm liegt Himmel, Erd und Hölle auf den Knieen − und alle, auch alle, die sich widersprechen, bekennen einmüthig, daß ER der HErr sei zur Ehre Gottes, des Vaters! – – Alles betet an, alles betet, alles lobt Ihn! Ich darf nicht fehlen. Wehe mir, wenn ich fehlte! Ich fehle nicht. HErr JEsu, heilige Knechtsgestalt, hochgebenedeiter König, nimm mich an, laß mich ewig zu Dir beten! Amen.


Am grünen Donnerstage.
1. Corinther 11, 23–32.

 ICh habe es von dem HErrn empfangen, das ich euch gegeben habe,“ spricht St. Paulus zum Eingang seiner Belehrung über das heilige Abendmahl. Zu Lebzeiten Christi auf Erden war Paulus noch ein ungläubiger Pharisäer; erst als der HErr gen Himmel erhöht war, wurde aus Saulo Paulus, ein auserwählt Rüstzeug des HErrn. Da, nach seiner wunderbaren Bekehrung, empfieng er Belehrungen von Christo. Nicht andere belehrten ihn, sondern weil er selbst ein Lehrer aller Heiden werden sollte, so bedurfte er einer göttlichen und unumstößlichen Zuversicht und Gewisheit der Lehre, und der HErr nahm ihn daher in Seine eigene unmittelbare Schule. Alles, was die andern Jünger während der drei Jahre des Erdenwandels JEsu, was sie in den vierzig Tagen nach Seiner Auferstehung, was sie an Pfingsten und nach Pfingsten vom heiligen Geiste gelernt hatten, lernte Paulus aus wunderbaren, unmittelbaren Mittheilungen Christi, des erhöhten Königs und Heilandes. Kein Wunder, daß er alle seine Mitapostel einholte und ihnen an Weisheit gleich ward. In solche Schule ist außer Paulo kein Mensch gegangen. Selbst der erste aller Apostel, St. Petrus, rühmt deshalb seines Mitapostels hohe Weisheit.

 In den himmlischen Belehrungen, die er von Christo bekam, empfieng er auch Mittheilungen über das heilige Mahl. Also war das heilige Abendmahl Christo auch nach Seiner Auffahrt, in Seiner Herrlichkeit eine wichtige Sache, Seine verklärten Lippen sprachen davon und zwar ganz so, wie Er auf Erden gesprochen hatte. Also war seine Einsetzung in der Nacht, da Er verrathen ward, recht und bestätigt auch im Himmel. Also will Er auch jetzt noch, − denn Er bleibt Sich, nachdem Er aufgefahren, ewig gleich, − Er will jetzt noch, daß Seine letzte Stiftung von allen den Seinigen geehrt und im Segen gebraucht werde. Er achtet darauf und Seine Augen schauen auf die Communicanten, die zu Seinem Tische kommen.

 Desto mehr laßt uns der Belehrung achten, die der HErr vom Himmel Seinem Apostel gab. Das betrachtende Auge in den Text gerichtet, geliebte Brüder! Was lesen wir? Es sei mit kurzen Sätzen ausgesprochen, und ihr sollt am Texte prüfen, ob sichs also hält.

 Was der HErr in der Nacht gesagt hat, da Er verrathen ward, das sagt Er auch nach Seiner Auffahrt dem heiligen Paulus: Das ist Mein Leib − das ist der Kelch des neuen Testamentes in Meinem Blute! Was Er hier, was Er vom Himmel, was Er Selbst, was Er durch Seine Apostel gesprochen hat, das kann niemand umstoßen, und wer es verneint und leugnet, richtet und schadet nur sich selbst. ES handelt sich nicht von einer Lehre, sondern von einer allerhöchsten Gabe JEsu. Nicht was du vom Abendmahle meinst, sondern was du im Abendmahle bekommst, ist die Frage. Und die Antwort ist klar. Sie ist dir gegeben. Kann dirs gleichgiltig sein, wenn jemand nein sagt, wo JEsus ja sagt?

 Das heilige Mahl gibt dir Seinen geopferten Leib und Sein für dich vergoßenes Blut. Also ist es ein Zeugnis, daß Er gestorben ist, ein Denkmal Seines Todes, das Er Sich Selbst gesetzt hat, das alle Dinge dieser Erde überdauern und bleiben wird, bis daß Er kommt. Wenn sich alles vereinigen würde, den Versöhnungstod zu leugnen, das heilige Mahl könnte niemand abschaffen. Der HErr verbürgt ihm eine Dauer bis ans Ende. So wird auch die Kunde und Predigt Seines Todes nicht aussterben, und alle die den Leib und Blut des HErrn genießen, werden, selbst wenn sie es nicht denken sollten, Zeugnis von des HErrn heilsamen Leiden und Sterben geben.

 Dem hohen Mahle gebührt ein würdiges Nahen. Wer nicht desselben würdig sich bereitet und naht, der unterscheidet die Speisen dieses Mahles, Leib und Blut,

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/286&oldid=- (Version vom 14.8.2016)