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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

wird! Die Seelen laßt uns bereiten, der Welt und Sünde wollen wir uns entkleiden, um Palmen, um Frieden uns bekümmern, und frei von der Welt, versöhnt mit unsern Feinden wollen wir anfangen, den Gesang Israels anzustimmen:

Hosianna dem Sohne David! Gelobet sei, der da kommt im Namen des HErrn! Hosianna in der Höhe. (Matth.)

Hosianna, gelobet sei, der da kommt im Namen des HErrn! Gelobet sei das Reich unsers Vaters David, das da kommt! Hosianna in der Höhe! (Marc.)

Gelobet sei, der da kommt, der König, im Namen des HErrn: Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe! (Luc.)

Hosianna!
Gelobet sei, der da kommt im Namen des HErrn,
ein König von Israel!
Amen. (Joh.)




Am zweiten Sonntage des Advents.

Evang. Luc. 21, 25–36.
25. Und es werden Zeichen geschehen an der Sonnen und Mond und Sternen, und auf Erden wird den Leuten bange sein und werden zagen, und das Meer und die Waßerwogen werden brausen, 26. und die Menschen werden verschmachten vor Furcht und vor Warten der Dinge, die da kommen sollen auf Erden; denn auch der Himmel Kräfte sich bewegen werden. 27. Und alsdann werden sie sehen des Menschen Sohn kommen in der Wolke, mit großer Kraft und Herrlichkeit. 28. Wenn aber dieses anfähet zu geschehen; so sehet auf und hebet eure Häupter auf, darum daß sich eure Erlösung nahet. 29. Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Sehet an den Feigenbaum und alle Bäume. 30. Wenn sie jetzt ausschlagen, so sehet ihrs an ihnen und merket, daß jetzt der Sommer nahe ist. 31. Also auch ihr, wenn ihr dies alles sehet angehen, so wißet, daß das Reich GOttes nahe ist. 32. Wahrlich, ich sage euch: Dieß Geschlecht wird nicht vergehen, bis daß es alles geschehe. 33. Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht. 34. Aber hütet euch, daß eure Herzen nicht beschweret werden mit Freßen und Saufen und mit Sorgen der Nahrung, und komme dieser Tag schnell über euch. 35. Denn wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf Erden wohnen. 36. So seid nun wacker allezeit und betet, daß ihr würdig werden möget, zu entfliehen diesem Allen, das geschehen soll und zu stehen vor des Menschen Sohn.

 WIe bereits vor acht Tagen gesagt wurde, ist die Adventszeit eine Vorbereitungszeit auf Weihnachten, auf das Dankfest für die erste Zukunft des HErrn, für Seine Ankunft ins Fleisch. Die erste Zukunft Christi deutet aber auf Seine zweite Zukunft, auf Seine Wiederkunft, ohne welche die Absicht Seiner Menschwerdung, Seiner Erniedrigung und Erhöhung nicht erreicht würde und Sein ganzes großes Werk des Endes entbehrete, zu dem es eilt. Denn erst der Blick auf den jüngsten Tag und seine Herrlichkeit zeigt uns, wozu Gott im Fleische erschienen ist. Je mehr deshalb ein Herz die Liebe des Vaters und des Sohnes in der Menschwerdung erkennt, desto verlangender wird es nach dem jüngsten Tage, wo wir Den in Herrlichkeit wieder kommen sehen werden, deßen erste Zukunft schon die Lobgesänge aller himmlischen Heerschaaren erregte. Ganz wohl folgt daher auf das Evangelium des ersten Adventssonntages dies Evangelium des zweiten, nach dem Rückblick auf die Menschwerdung Christi der Blick in die volle Herrlichkeit des jüngsten Tages. − Wohlan denn, laßt uns das heutige Evangelium ins Auge faßen und lernen, was es uns lehrt:

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 006. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/17&oldid=- (Version vom 14.8.2016)