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führen? Soll das etwa der Beweis des rechten Glaubens sein? Was wird die nachfolgende Zeit der Kirche, wenn sie beßer werden wird, davon urtheilen? Wird mans vereinbar finden mit dem Glauben, der in den Wunden Jesu Christi gründet, wird man es für eine geringere Abweichung von der Wahrheit erkennen, für weniger selbsterwählt und weniger unrecht finden, als die selbstgerechten Wege der Heiligen in den Rosenmonaten? Wird die allgemeine sittliche Laxheit, Lauigkeit und Weltförmigkeit, auch in beßern Kreisen, das Christentum mehr empfehlen, als die unevangelische gesetzliche Strenge des Mittelalters? Wer es glauben will, der glaube es. Ich aber sage: „So lange ihr das reinere Licht, welches ihr allerdings besitzet, nicht beßer zu empfehlen wißet, als durch die Verschmelzung eures Lebens mit dem der Welt, werdet ihr Ursache haben, gegen die Heiligen der alten Zeit ein bescheidenes Urtheil euch anzueignen. Diese haben die Wahrheit nicht gekannt, wie ihr; nehmt euch in Acht, daß euch der Besitz nicht ein strengeres Gericht von dem unnahbaren Sitze bringe, als jener alten Welt der Mangel der reinen Lehre.“


C. H. Beck’sche Buchdruckerei in Nördlingen.