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daß sie meines Urtheils seien. Ich habe auch in den Rosenmonaten in diesem Sinne manche Erzählung des Alterthums wiedergegeben, gestehe aber gerne zu, daß es weise und obendrein leicht gewesen wäre, durch einige passende Bemerkungen diejenige Deutung meiner Erzählungen zu verhüten, die ich hinterher erfahren mußte, ohne mich innerlich getroffen zu fühlen. Das ist ja ohnehin leicht zuzugeben, daß ich alle meine Absicht mit größerer Weisheit hätte verfolgen sollen, und mit weniger Hoffnung auf diejenige Deutung meines Vortrags, welche ich mir wünschen konnte.

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 Laßen Sie mich nun auf die Differenz übergehen, welche sich zwischen mir und manchem meiner Freunde rücksichtlich des kirchlichen Urtheils findet. – Um nun diese darzulegen, muß ich erst sagen, was ich unter kirchlichem Urtheil verstehe. Kirchliches Urtheil ist mir hier nichts anderes, als: Urtheil über die Zugehörigkeit zur Kirche, nemlich zu der unsichtbaren. fragt sich nemlich, wie soll ich mir das Verhältnis z. B. der in den Rosenmonaten vorgeführten Personen zu dem Haufen derer denken, die da selig werden? Muß ich mir denken, daß, um recht in das Mittelalter hinein zu greifen, eine Hildegard, Hedwig, Elisabeth, eine Adelheid, Mathildis, Ida von Boulogne u. dgl. unter diejenigen gehören, auf welche des Apostels Spruch paßt: „Alles ist euer?“ Darf ich hoffen, sie im Himmel bei dem HErrn zu finden? Oder was soll ich mit ihnen anfangen, wenn die Frage abgehandelt wird, wer zu der Kirche Gottes gehöre? Selbst wenn die Lebenszeit solcher