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reformirte, behielt aber die bischöfliche Verfaßung und damit die Succession, ohne gleich anfangs einen sonderlichen Werth darauf zu legen. Nachfolgende Zeiten wurden auf diesen Rest päpstlichen Sauerteigs stolz, bis man denn einen Glaubensartikel daraus machte, und nun, ächt römisch, wie es sich bei dem neuen Bisthum von Jerusalem gezeigt hat, lieber jede andere Abweichung von der anglicanischen Kirche durchgehen läßt, nur nicht die rücksichtlich Succession und Ordination. Oder ist es nicht so, wenn die englische Kirche sich mit Lutheranern unter der Bedingung verbindet, daß ihre Ordination herrsche? Nicht auf Lehre, auf Verfaßung wird auf diese Weise die Kirche gegründet. So gerade in Rom. Die Succession machte sich anfangs von selbst, dann machte und erzwang man sie, auch wo sie sich nicht von selbst machen wollte. Je länger sie bestand, desto mehr machte man aus ihr, bis man endlich das päpstlich-hierarchische System darauf baute. Nun kann der Papst Griechen und Armenier bei offenbar abweichenden Lehren unter seinem Hirtenstabe dulden, weil sie nur des Papstes Primat, der Bischöfe Succession, – Roms Herrschaft zugeben. Es handelt sich allewege um eine Herrschaft – und das eben ist der Jammer, und eben daher erkennt man deutlich, daß das ganze Streben ein ungöttliches ist.

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 Ja, es gibt eine Einigkeit, die Einigkeit in Bekenntnis und Lehre, die Einigkeit des Glaubens! Sie ist von dem HErrn und Seinen Aposteln beabsichtigt, und in ihr besteht die schönste Herrlichkeit der Kirche. Aber gerade diese findet sich bei den Römern nicht: es kommt ihnen gar nicht sonderlich auf dieselbe an; im Gegentheil birgt man Griechen und Armenier im Schooße, duldet die Verschiedenheiten der Scholastiker, der Dominicaner und Franziscaner, der Jesuiten und welche noch? Ja man läßt ausdrücklich im Tridentinum und in sonstiger römischer Praxis die Gränzen unbestimmt und spricht nur scharf, wenn es von Rom und seinem Regiment sich handelt. Matthias Flacius, der eben so Recht hat, wo er recht redet, als er Unrecht hat, wo er unrecht redet, schrieb ein Buch de sectis, dissidiis et dissensionibus pontificiorum, und an Nachfolgern hat es ihm weder bei uns, noch bei den Reformirten gefehlt. Mag man es für fanatisch ausrufen,