Seite:Wilhelm Löhe - Drei Bücher von der Kirche.pdf/79

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

von ihrer Erscheinung unter den Menschen. So wie sie aber unter den Menschen erschien, nahte alsbald der Verführer und hat seitdem die Fußstapfen der Wahrheit unzertrennlich begleitet, wie der Schatten das Licht verfolgt.

 Jedoch, wir wollen nicht verkennen, daß wir es eigentlich mit unsern römischen Gegnern zu thun haben, wenn wir von Altertum und der Dauer reden. Sie halten uns Altertum und Dauer nicht eben nach dem schärfsten Begriffe entgegen, sondern nur im Gegensatze und im Vergleich mit unserer Kirche. „Wo war, sagen sie, vor Luther das Luthertum? Ihr seid von gestern her, während wir uns einer ununterbrochenen und unveränderten Dauer seit den ältesten Zeiten zu erfreuen haben.“

 Laßen wir uns gegenüber diesen Schmähungen von unserm Standpunkt nicht verrücken. Vergeßen wir nicht, daß eine Kirche ihr Bestehen nach nichts anderem datirt, als nach ihrem Bekenntnis, oder was gleichviel ist, nach dem Schriftverständnis und Sacramentsgebrauch. So alt das Bekenntnis ist, so alt ist die Kirche; denn das Bekenntnis hält jede Kirche zusammen. – Vielleicht entgegnet hier ein unvorsichtiger Römer: „Also wie alt seid ihr? Ao. 1530 habt ihr euer Bekenntnis zu Augsburg übergeben, oder seid ihr vielleicht ein Jahr älter, weil eure Catechismen ein Jahr älter sind?“ Darauf würden wir dem unvorsichtigen Gegner erwiedern, daß bei solcher Rechnungsweise die römische Kirche immerhin noch jünger erfunden würde, als die unsrige. Denn erst im Jahr nach Luthers Tod begann das Concil von Trident, auf welchem das Bekenntnis der Römer berathen wurde, – und erst nach Schluß des Concils wurde der römische Catechismus ausgearbeitet. – Aber freilich, so rechnet man nicht, sondern es fragt sich, ob nicht früher schon bekannt wurde, entweder wie die Römer, oder wie wir bekennen. Wer sein Bekenntnis in der frühesten Zeit nachweisen kann, der ist im Siege. – Mögen nun immerhin die Gegner mit einem beliebten Ausspruche des Vincenz von Lerin diese Forderung stärken, mögen sie behaupten: eos proprie esse catholicos, qui teneant id, quod semper, quod ubique, quod ab omnibus creditum sit; eine Hilfe haben sie daran nicht, und einen Weg haben sie eingeschlagen, der sie zu keinem glücklichen Ziele führt.