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den hellen Funken geben; so gibt die Schrift im Vergleich mit der menschlichen Lehre helle, lichte Funken. Sieh allein in die Bibel, so findest du vieles nicht; vergleiche aber, was sie sagt, mit dem, was andere, was Menschen über dieselbe Sache sagen, und du wirst sehen, was für ein Unterschied zwischen Gotteswort und Menschenwort ist. Der menschliche Geist ist eben so beschaffen, daß er zu purer Beschauung der Thesis nicht lebendig genug, nicht wach genug, nicht scharf, nicht klar, nicht tief genug ist. Zur Erkenntnis der Thesis ist ihm die Antithesis nöthig. Es ist darum eine, wenn auch noch so vielen beliebte, doch ausgemachte Thorheit, sich der Lehre der Gegensätze entwinden, nur thetisch lernen zu wollen. So gewis die Kirche in der Welt steht, so gewis steht sie ihr gegenüber, so gewis muß sie ihren Gegensatz faßen und begreifen. Wir wagen daher ein Wort und wollens vertreten, wenn es sein muß: „eine menschliche Lehre, den Artikel einer Confession mit betendem Geiste an die treffenden Stellen der h. Schrift halten, das ist ein neutestamentisches Gottfragen, auf welches der HErr Licht und Recht und Antwort nicht versagt,“ Wo die Schrift von dem oder jenem Punkte rede, das kann man, wenn man es nicht weiß, leicht erfragen, darüber sind alle Parteien einig. Was sie sage, das lernt man, wenn man anderes vergleicht, durch vergleichen lernt man unterscheiden.

 Wenn man nun aber auf dem Wege des Vergleichens und Unterscheidens das Bekenntnis der eigenen Kirche nicht gerechtfertigt fände? – Dann, versteht sich, müßte man sich fernere Mühe nicht verdrießen laßen, die Wahrheit und ihre Kirche zu finden. Doch ist das der Fall nicht, den wir für vorurtheilsfreie, nüchterne Kinder unserer Kirche zu fürchten hätten. Wiewol wir rathen, auch nach gefundener Kirche und Wahrheit andere Bekenntnisse an den Prüfstein des göttlichen Worts zu streichen, – um der Freude willen, die man am Besitze finden wird, um der Befestigung willen und um des Trostes willen an Gottes Wort.

 Ach, der Weg ist leicht! Er ist nur lang und schwer in der Beschreibung mancher, die ihn selber entweder nie betreten oder nie vollendet haben. Es ist durchs Leben und Erfahren schon viel Vorbereitung