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entsprechend, so ist Dir schon einmal klar, daß Du bei dem Verharren bei demselben keine Seelengefahr läufst. Und damit kommt schon großer Friede.

 Man könnte freilich sagen: „Dieser Weg ist betrüglich. Man ist bei seiner Kirche aufgewachsen, hat für sie vorn herein ein gutes Vorurtheil, hat fleischliche Ursachen genug, warum man sie gerne für die rechte erkennen möchte. Und wie es dann zu gehen pflegt, wenn man etwas wünscht, so findet man am Ende auch die angeborene Kirche ganz rein und richtig.“ Allein, so scheinbar diese Einwendung ist, so ist doch im Grunde wenig genug an ihr. Was zunächst die Kinder derjenigen Kirche anlangt, welcher der Schreiber dieser Blätter angehört; so ist es nun einmal nicht wahr, daß sie ein so gar gutes Vorurtheil für ihre angeborene Kirche mitbrächten, daß sie vornherein zu ihren Gunsten blind wären. Im Gegentheil, sie ist eine Mutter, diese Kirche, deren Angesicht und Gestalt ihren eigenen Kindern so fremd, als irgend eine fremde Mutter ist; auch sind derer Legion, welche dieser ihrer Mutter zu gehorchen verachten, da sie ja des Zeitgeistes Kinder geworden sind. – Was aber die Kinder fremder Kirchen anlangt, so geht es ihnen am Ende gerade so, oder aber sie haben wirklich Vorurtheile für die angeborene Confession. Das müßten sie dann aber auch auf eigene Rechnung nehmen. Es weiß ja ein jeder, daß Vorurtheile am wenigsten dann herrschen sollen, wenn man prüfen will. Auch hat ein jeder, der das Resultat nicht schon vor der Prüfung gefaßt hat, dem es mit dem Prüfen Ernst ist, ein vorurtheilsfreies Herz. – Wiewohl man zur Prüfung manches Bekenntnisses schon irgend ein Vorurtheil mitbringen darf; es zerstiebt doch, wenn man anfängt, Gottes Wort mit dem Bekenntnis zu vergleichen.

 Was anderes wäre es, wenn die Schrift nicht klar wäre, wenn der Prüfstein nichts taugte. Aber das ist schon oben beantwortet; die Schrift ist klar; sie hängt in Glaubenssachen durchaus nicht von den Erklärungen der Gelehrten ab, sondern ihr Licht ist darin für jedermanns Auge gerade recht. Ja, wenn sie auch nicht an und für sich selbst klar wäre; so wäre sie doch klar, wenn man eine Antithesis oder eine Frage an sie stellte. Gleichwie Stahl und Stein zusammengeschlagen