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gottselige Leser nicht wenig der Gewisheit christlicher Lehre versichert werden, wenn er aus diesem allen fleißig betrachtet, wie einen geringen, unansehnlichen Anfang das Reich und Kirche des Herrn Christi gehabt, und wie wunderbarlich dasselbe aufgestiegen und zugenommen habe, also, daß es nunmehr die allergrößesten und weitesten Königreiche übertrifft, sintemal es in alle Ende der Welt sich erstreckt. Die römische Monarchie war in großem Ansehen zur Zeit der Geburt Christi, hergegen war damals die christliche Kirche sehr geringe und unansehnlich, ja es hatten die Jüden keine Ruhe, bis sie den König dieses Reichs ans Kreuz brachten und jämmerlich hinrichteten, daß sichs ansehen ließ, als wäre es um das Christentum nunmehr ganz und gar geschehen: Und wenn zu derselbigen Zeit einer den Römern geweißagt hätte, daß ihr Reich abnehmen und vergehen, hergegen aber das Reich dieses Gekreuzigten Jesu von Nazareth also zunehmen sollte, daß es sich über die ganze Welt erstrecken würde, hätte man gewis denselben als einen aufrührerischen Menschen übel empfangen, oder zum wenigsten als einen närrischen Abenteuerer verachtet und verlacht.“

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 „Und zwar kann man nicht läugnen, wie es denn auch der Prophet Jesaias bezeugt, daß dieser Jesus gar unansehnlich und verächtlich gewesen, da er auf einem entlehneten Esel einhergeritten und sein Reich mit großer Marter und bittern Leiden angefangen hat. Ein gering, verächtlich Volk war es auch, das damalen ihm entgegen kam, und das Hosianna ihm zu Ehren sang. Die Andern, so im großen Ansehen waren, verlachten ihn, setzten ihm eine Dornenkrone auf, und trieben ihr Gespött mit ihm bis in den Tod; so haben auch die zwölf Apostel als Fürsten dieses Reichs des bittern herben Trunks aus diesem Kelch nicht können überhoben sein, sondern haben mit ihrem Blut den Anfang dieses Reichs müßen bestätigen. Aber siehe, die ganze Herrlichkeit der vierten Monarchie ist fast dahin; es ist auch der Parther Macht, so damals mit den Römern im Streit lagen, gefallen, und alle Monarchien sind in kleine Königreiche und geringe Herrschaften verwandelt worden; zudem werden noch täglich alle Land’, Städt’ und Flecken durch Krieg und Aufruhr, durch Rauben, Stehlen und Blutvergießen sehr