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die Erfüllung aller Weißagungen in Christo JEsu zeigt, wirft es ja ein unwiderstehliches Licht auf jede Dunkelheit. Wie der Kämmerer der Königin Candaces einen von Gott verordneten Ausleger des prophetischen Wortes fand, so finden wir im Neuen Testamente Licht und Auslegung für alle Prophezei und alles Bildwerk des A. Testamentes. Das Neue Testament ist klar ohne das alte und um so klarer, wenn es neben dem alten gelesen wird. Schon das Alte Testament wird von Petrus ein Licht an einem dunkeln Orte genannt, wie sollen wir erst das Neue nennen, welches aus dem Alten jeglichen Schatten vertreibt! Ist jenes ein Mond, so ist dieses die Sonne: – ist jenes Morgenroth, so ist dieses der helle Tag. Und auf dieses, auf’s Neue Testament, kommt es hauptsächlich an, denn dies vor dem Alten empfehlen und befehlen wir dem christlichen Volke. Die Sonne empfehlen wir ihm, um ihm das Licht im hellsten Scheine nahe zu bringen.

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 Die Sachen, welche die h. Schrift vorträgt, sind freilich über alle menschliche Vernunft und können nur durch Licht und Kraft des h. Geistes dem Menschen zugeeignet werden; das ist wahr! Aber es ist kein Tadel, sondern es versteht sich im Gegentheil von selber, daß was der Geist vom Himmel offenbart, über alle menschliche Weisheit erhaben sein müße. Dazu verhalten sich den Sachen gegenüber alle Menschen gleich; der gelehrteste und der ungelehrteste sind, was Erfahrung anlangt, in einerlei Rang. – Die Worte hingegen benennen die Sachen ganz einfach. Was gemeint sei, kann jedermann, namentlich im Neuen Testamente, ohne Schwierigkeit verstehen. – – Die Kenntnis ist darum leicht, denn sie beruht auf Wortverstand und dieser wird klar einem jeden, der Menschenverstand hat und verstehen will. Ja, der Ungelehrte und Einfältige ist hierin oft im Vortheil vor dem Gelehrten, welchem beim Lesen aller Ketzer unsinnige und boshafte Schriftverdrehung erinnerlich, und wenn er leicht befangen und schwachen Geistes ist, auch hinderlich wird. Die Erkenntnis aber, welche die Kenntnis allezeit vor sich her gehen laßen muß, kommt von Erfahrung der Sache und ist drum schwerer, ja dem Menschen unmöglich, allein des Geistes Werk. – Hier aber handelt es sich nicht von