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in dergleichen Dingen den papierenen, langweiligen, formalen Weg, der so trüglich ist. Mit vollstem Rechte wehrt sich schon A. H. Francke gegen Consistorialformalien in eigentlich geistlichen Dingen, und er hat doppelt Recht, wenn die Consistorien nichts sind, als judicia ecclesiastica magistratus territorialis. – Da helfe Gott der Kirche zur rechten Praxis! Die Absolution wird theuer, wenn es auch eine Excommunication gibt. Der Trost wird geschätzt, wenn er nicht in allen Fällen gegeben wird. Dagegen wird das ganze Institut der Beichte verlacht, wenn man zuvor weiß, daß jeder getröstet, jeder absolvirt wird. Es ist doch so einfach, so gar einfach, daß man nicht begreifen kann, welch andere Gründe, als weltliche und sündliche, die Kirche zurückhalten, alle ihre Rechte und Pflichten zu üben. Denn sie übt die Pflicht der Seelsorge gewis nicht, wenn sie nicht das Recht des Bindeschlüßels gebraucht. Leise Seelsorge taugt nicht, es ist auch ihre Liebe anzuzweifeln. Seelsorge ohne Erziehung und Zucht ist ein Unding. Der Väter Sanftmut wirkt nur, wenn sie im rechten Fall auch streng sind, gleichwie die Strenge nur bei einem Manne, der sanft zu sein vermag zum Heil der Seinen, den rechten Eindruck macht.

 Wißen wir das, so wollen wirs auch üben, damit die Kinder der Kirche sich freuen und mehren! Denn das Geschrei der Feinde ist ohne Belang.


9. Ihre Liturgie.


 Die Kirche ist nicht blos eine lernende, sondern auch eine betende. Sie betet nicht blos in ihren einzelnen Gliedern in den Kammern, sondern zusammen in Haufen in ihren Versammlungshäusern. Sie betet sprechend, sie betet singend an. Und der HErr wohnt unter ihren Lobgesängen mit Seinen Sacramenten. Ihr Nahen zu Ihm, Sein Nahen zu ihr, – die hh. Formen ihres Nahens, Seines Kommens nennen wir die Liturgie. – Diese Formen sind frei, wenige Stücke sind gebotene Sache. Aber trotz der Freiheit hat sich die Kirche von Anfang her für gewisse Formen mit Wohlgefallen erklärt. Eine heilige