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finden laßen, welche beiden oder allen Theilen genügte! Ists Unverstand, ists unehrliches Schmeicheln, ists Selbstbetrug natürlicher Gutmüthigkeit, oder was ists, so etwas hoffen zu laßen? Was solls denn für eine Faßung sein, in welcher sich Gegensätze vereinten, Erz und Thon gemengt würden? Was von der Wahrheit will man denn verschweigen, um den Gegner zufriedener zu machen? Oder was vom Irrtum will man denn ohne Beleidigung der Wahrheit sagen? Und was für eine Kunst will man denn erfinden, unedle Steine, wie edle, edle, wie unedle zu faßen? Meint ihr immer noch ein tertium zu erfinden, quod non datur? Merkt ihr nicht, daß die reine Lehre selbst das tertium ist, um das sichs handelt? – – Ja doch! das ist der Vorzug der neuen Zeit in Deutschland, daß man eine schöne Form der Sprache gewonnen hat. Gut! Gebt der Wahrheit eine schöne Sprache – wir meinen nicht die Contrebande der Weltweisheit, die ihr ja, da sie „Wolfisch“ hieß, so sehr verachtetet, also doch unter anderm Namen auch nicht dulden werdet! Gebt der Wahrheit die schönste Sprache, sie verdient es, das ist an euch! Aber bildet euch nicht ein, daß der Inhalt dessen, was zu sagen ist, ein anderer sein werde, als vor zweihundert Jahren. Ich brenne vor Verlangen, die alte Wahrheit im neuen Gewande zu schauen; aber nur sie, nur sie! Und wenn sies ist, wird sie im neuen Gewande den alten Gegnern nicht gefallen.

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 Die reine Kirche behalte, was sie hat. Sie nehme es ferner mit jedem Irrtum genau. Sie spreche nein, ein einfaches, ruhiges, ernstes, festes, leidenschaftloses Nein zu allem, was nicht wahr ist. Sie bleibe sich gleich in diesem Zeugnis von Anfang bis zum Ende. Sie spreche aber auch ja, ein einfaches, ruhiges, fröhliches Ja, zu allem, was wahr ist, es finde sich, wo und auf welcher Seite es will. Sie bekenne ihre Untreue und Sünde gegen das untadeliche, hehre Bekenntnis, das sie vor aller Welt zu tragen hat, – sie bekenne ihre Sünde, und beschönige keine fremde Sünde. Sie verfahre im Sinne der Wahrheit immer concedendo, wo sies kann, und negando, wo es nicht anders ist. Sie vergebe der Wahrheit keinen Tüttel. Das wird verdrießen, die nicht lauteren Herzens sind; aber wenn sie auch anfiengen, zu streiten