Seite:Wilhelm Löhe - Drei Bücher von der Kirche.pdf/105

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

manchen edlen Helden und großen Wohlthäter der Menschheit haben wir aufzuzeigen, wie manchen, der sich ausgeliebt hat bis zum Grabe! Das ists, daß sie unsre Lehre der Mühen und Arbeiten, die wir erzählen können, nicht werth achten. Sie beweisen damit, daß ihnen selbst am Ende auf die Lehre, nämlich auf ihre Hauptlehre, alles ankomme, und daß auch sie am Ende alles Leben nach dieser Lehre richten. So wenig wir darum uns der Lehre halben vor ihnen zu scheuen brauchen, so wenig brauchen wirs des Lebens halben. So gewis unsre Lehre heilig ist, so gewis sind heilig, die ihr lebten und ihr starben.

.

 Zuletzt aber sei noch eines erwähnt. Wer das recht faßt, dem wird das Auge für die wahren Heiligen unsrer Kirche geöffnet werden. Gegenüber den selbsterwählten Werken römischer Asceten verwies Martin Luther die Christen auf ihren Beruf,[1] in welchem Gottes Wort und Befehl sei, und wies sie an, ihren Glauben durch Werke des Berufes zu beweisen. Alle Berufeswerke sollten nach seiner Meinung Liebeswerke, gute Werke sein. Wozu einer keinen Beruf und Befehl Gottes nachweisen konnte, das galt ihm für kein gutes Werk. Es war ihm nicht genug, daß ein Werk aus dem Glauben kam; es mußte einem Befehl Gottes gemäß sein, dann erst war es ihm gut. Sein einfacher Fingerzeig auf die Gebote Gottes und die Haustafel des Catechismus verbannte alle Wählerei und Quälerei eigener Werke eben so aus dem Leben, wie sie aus der Schrift mit vielen Worten Gottes verbannt ist. Gottes Gebote und der zeitliche Beruf kamen durch Luther erst wieder recht zu Ehren! Damit fiel freilich die Ascese dahin. Die guten Werke giengen in die Stille. Rauschen und Beifallgeklatsch für sie gibts in unsrer Kirche nicht in der Weise, wie in der römischen. Von den guten Werken des rechten Glaubens heißt es: „Gott, man lobt Dich in der Stille zu Zion!“ Wer aber Augen hat, der bemerkt sie doch. Die Wohnstube des Hausvaters, die Kinderstube der Hausmutter, die Werkstatt des Handwerkers, das Feld des Bauers, Küche und Stall des Dienstboten werden durch die schöne Lehre vom Berufe und


  1. S. Luthers Auslegung des 4. Gebotes im großen Catechismus.