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Gemeinschaft in Anspruch; oder sie waren Asceten der römischen Kirche, die mit auffallenden, selbsterwählten Werken ihre falsche Lehre schminkten, dann können wir ihnen keine Heiligkeit zugestehen. Weit entfernt, zuzugestehen, daß diese die Gebote erfüllt und die sogenannten evangelischen Räthe ausgeübt und Verdienst sogar für andere erworben hätten, erkennen wir sie für arme Sünder in Lehr und Leben, die blindlings auf der breiten verkehrten Bahn andern vorangewandelt sind. Wir wollen gerne alles loben, was zu loben ist; wir wollen anerkennen, was sich Großes an gegnerischen Helden findet; wir wollen von einem Loyola, von einem Franz Xaver lernen und nehmen, was zu lernen und zu nehmen ist; wir wollen die Kraftanstrengung nicht läugnen, welche wir auf verkehrtem Wege so manchen römischen Asceten oder Jesuiten üben sehen. Aber es bleibt denn doch wahr, daß wahre Heiligung bei der verkehrten Lehre von der Rechtfertigung und Heiligung, wie sie von Rom ausgeht, kaum anders, als durch ein Wunder der Vergeßenheit des Bösen und einfältiger Liebe zu Christo sich finden kann.

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 Und was unsere Heiligen anlangt, so wollen wir eben so wenig heilig sprechen, was nicht heilig ist, als wir zur Schmach des HErrn vor unsern Gegnern blöde zurücktreten. Es ist nicht nöthig, blos auf die jungen Kinder hinzuweisen, die geheiligt und gereinigt aus dem Waßerbade der Taufe erhoben werden. Es ist nicht nöthig, sich blos mit Hinweisung auf den gewaltigen Spruch Jesaja 55, 10., mit der Unmöglichkeit, daß bei der reinen Lehre unserer Kirche kein reines Leben sein könne, zufrieden zu geben. Auch brauchen wir nicht blos an den jüngsten Tag zu appelliren, der alles klar machen wird, und nach 1. Cor. 4, 5. unsre Gegner mit dem Spruch zu warnen: „Richtet nicht vor der Zeit!“ Haben wir keine Helden in Aufopferung und Liebe? Wißen die Römer nichts von den zahllosen, standhaften, demütigen Märtyrern unseres Glaubens, die doch unter ihren Händen geblutet haben? Triefen nicht alle Lande noch von Erinnerung dieser wahren, unbescholtenen Heiligen? Wie würden sie sich rühmen, wenn Huß für ihre Lehre seinen Schwanensang gesungen hätte? Wie würden sie jubiliren, wenn die blutigen Ströme der Inquisitionen ein Zeugnis ihrer Lehre wären! Und wie