Seite:Wilhelm Löhe - Drei Bücher von der Kirche.pdf/103

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu machen. Allein angenommen, Luther wäre so gewesen, wie sie sich ihn mit den Farben des eigenen, oftgesehenen Lebens gerne malen, was läge denn daran? Ist ers, an den wir glauben? Ist er für uns gestorben? Sind wir auf seinen Namen getauft? Ist er das Haupt der Kirche, das keinen Flecken haben darf? Wahrlich, wie Luther gelebt habe, das ist am Ende so gleich viel für den Bestand der Kirche, als irgend etwas. Es ist geringe Schlacht gewonnen, wenn Luther vom Schmutze seiner Feinde rein gewaschen ist. Es kann dies auch mit leichter Mühe geschehen. Zuweilen Muthwille, zuweilen ein zorniges, scheltendes Wort für die, welche an ihm und der Kirche am Ende viel mehr verdient haben, – das ists alles, was wir auf Luther müßen sitzen laßen. Dagegen ist es schamlose Frechheit, dem Manne nicht zu laßen, was er hatte und was je und je nur Bosheit und Neid unter tausendfachem Widerspruch begeifern konnte, – ein reines Leben. Thorheit der Gegner, an dem Einen Heros den Zorn auszulaßen, da sie Gefahr laufen, daß wir ihnen für alles, was sie an Luther tadeln, eine tausendfache und unwidersprechliche Antwort aus dem Leben so vieler Päpste, Cardinäle, Bischöfe, so unzähliger Mönche und Nonnen geben! Sie thun, als würden wir mit Luther alles verlieren. Sie vergeßen, daß es herrlich wäre, wenn von den Gliedern unserer Kirche nie anderes und nie mehr, und nie mit mehr Wahrheit gesagt werden dürfte, als was gegen Luther gesagt wird. Keine reinere Kirche, als die lutherische, wenn man sich gegen sie und ihre Glieder nur durch Lügen einen Schein geben kann!

.

 Jedoch, das läugnen die Gegner wohl selbst nicht, daß in ihrer Mitte sich viel Schmutz des Lebens findet. Was sie gegen uns hervorheben wollen, ist eigentlich das Leben ihrer Heiligen. Diesen ihren Heiligen gegenüber betrachten sie auch den Mann Luther so gern. Allein, wenn wir ihnen den Vorrang in der Sünde zugestehen, ohne deshalb die eigene Sünde zu verläugnen; so können wir ihnen doch rücksichtlich der Heiligen keinen Vorrang laßen. Entweder waren die Heiligen heilige Bekenner, Märtyrer und Wohlthäter ihrer Brüder aus den ersten Jahrhunderten; dann waren sie unsre Brüder und wir nehmen ihre