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1. Wir sind zur Gemeinschaft und zur Kirche geboren.


 Eine Landschaft, welche mit dem zauberischesten Pinsel der Natur entnommen und mit täuschender Wahrheit auf die Leinwand niedergelegt ist, läßt unbefriedigt, sie sei so schön sie wolle, wenn nicht irgendwo auf ihr die Gestalt des Menschen angebracht ist. Es ist eine wunderbare Wehmuth und Bangigkeit, welche den Menschen ergreift, wenn er sich von seines Gleichen verlaßen sieht, und wäre es auch nur auf einem Bilde. In einem natürlicher Weise noch viel höheren Maße empfindet der Mensch jene bange Wehmuth beim Anblick menschenleerer Gegenden in der Natur. Ja, je schöner die Gegend ist, in welcher wir unsers Gleichen nicht finden, desto peinigender ist uns die Einsamkeit. Zur Wüstenei noch eher, als zum Paradiese stimmt Menschenleere. Alle Reiche der Welt sind dem Einsamen kein Ersatz der Gesellschaft. Enger, als ein Gefängnis, wird der weite Erdboden dem Verlaßenen und Einzelnen. Von Anfang her ist der Mensch so beschaffen, daß er allein nicht glücklich sein kann.

 Ich will mehr sagen. Alleine könnte der Mensch nicht einmal selig sein. Wird mirs unerträglich, von Gottes Höhen in wunderbare Thale und Gelände hinzuschauen, ohne durch mein Ach der Freude einen gleichen Ton in einer verwandten Brust zu erwecken; wie viel weniger werde ich alleine in ewige Seligkeiten schauen können, ohne mich nach einem Genoßen umzusehen. Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr hat je gehört, auch ist in keines Menschen Herz gekommen, was Gott