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Unsre Kirche liegt im Staube und hat die hl. Sitten der Väter verlassen, obwohl sie sich fort und fort zu der Augsburgischen Konfession und den andern Bekenntnisbüchern unsrer Väter hält, in welchen dieselben auf Kindeskind eingeprägt werden. Zu unserer Zeit ist, wie gesagt (16, a.), aus Beichte und Absolution ein allgemeiner Gottesdienst geworden; der Prediger hält eine Rede für alle anwesenden Beichtkinder, spricht im Namen aller eine Beichte und absolviert alle insgesamt.

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 Auf diese Weise ist zwischen einem Predigtgottesdienst und einem Beichtgottesdienst gar kein Unterschied gelassen, außer etwa der, daß die Prediger auf eine Beichtrede sich weniger vorbereiten, als auf eine Predigt, – und die versammelten Christen in der Regel noch weniger wissen, was sie in der Beichte, als, was sie in der Predigt wollen. – Man macht aus jener, wie aus dieser ein opus operatum, d. i. eine abscheuliche Werkheiligkeit, läßt wohl auch Beichte und Absolution mit schlummernden Augen an sich vorübergehen und träumt, so schlummernd Heiligkeit zu erlangen, um welche die Glieder der römischen Kirche in Ohrenbeichte und andern Werken sich es wenigstens sauer werden lassen. – Was hilft eine solche Beichte zum Zweck der Beichte? Der Prediger absolviert da Leute, welche er gar nicht kennt; er absolviert also die Lasterhaften und Ungläubigen (Matth. 7, 6.), wie die Reumütigen, nach Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden. Jene nehmen etwa die Absolution

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Einfältiger Beichtunterricht für Christen evangelisch-lutherischen Bekenntnisses. Kommissionsverlag der Buchhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1900, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Beichtunterricht_(4._Auflage).pdf/64&oldid=- (Version vom 17.7.2016)