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von der Wahrheit des Worts von Christo, ja auch oft Begeisterung für die Sache der Kirche werden sicher alle die haben, an denen die charismatischen Gaben des Geistes sich betätigen; nur freilich, daß das noch lange nicht der rechtfertigende und seligmachende Glaube ist. Es ist eine andere Art der Begabung des heiligen Geistes, daß er Menschen nach ihrer Naturseite im seinen Dienst nimmt für den Bau seines Reiches, indem er sie mit den charismatischen Gaben ausrüstet. Die Ordination verleiht ganz gewiß Amtsgaben und auch die Einsegnung der Schwestern ist eine Zusage, daß es ihnen an Gaben des Geistes für ihren Dienst nicht fehlen wird, wenn ihr Herz denselben offen steht. Nur muß mit großem Ernst dabei betont werden, es ist möglich, daß einzelne sich dem heiligen Geist auftun und gebrauchen lassen als Werkzeuge für den Bau seiner Kirche und doch an der eigenen Seele seine erneuernde Tätigkeit hindern oder nicht ernstlich üben. Hat doch der Apostel gesagt, daß man andern predigen und doch selbst verwerflich werden könne. Und hat nicht der Herr es für möglich erklärt, daß jemand gewaltig geredet, große Werke getan hat für sein Reich und doch das Urteil hören muß: ich habe euch noch nie erkannt. Aber in dem allen tritt uns doch die erstaunliche Liebe unseres Gottes entgegen, daß er immer wieder ohne Ermüden in göttlicher Geduld seinen Geist herabsendet zu den Seinen. Ja, welche Treue, welche Liebe hat der Geist Gottes allezeit an unsern Seelen erwiesen und erweist sich damit auch der ganzen Kirche.


III.

 Nur in Kürze wollen wir noch fragen, was nun die Liebe Gottes durch den heiligen Geist uns schenken will. Man kann sagen: wir bekommen durch den heiligen Geist einen neuen Geist. Es gibt nicht wenige Stellen der Schrift, bei denen man nicht unterscheiden kann und nicht unterscheiden soll, ob der heilige Geist gemeint ist oder unser Geist. Wenn der Herr Jesus sagt: „anbeten im Geist und Wahrheit“, so ist zunächst der Menschengeist genannt, der sich betend zu Gott erhebt. Er vermag es aber nur durch den heiligen Geist. „Wir haben nicht einen knechtischen Geist empfangen, sondern einen kindlichen Geist“. Da ist wieder unser Geist gemeint, der entweder ein Geist der Knechtschaft sein kann, wenn er noch im Verhältnis der Furcht steht, oder ein Geist der Kindschaft durch den heiligen Geist. „Gott hat uns gegeben den Geist der Kraft, der Liebe und der Zucht“. Auch hier ist unser Geist gemeint, soweit er durch Gottes Geist gestärkt wird oder Gottes Geist, soweit er in unserm Geist wirksam ist. So sehen wir, durch die Liebesgabe des heiligen Geistes sollen wir einen neuen Geist bekommen. Das soll vor allem ein Geist der Kindschaft sein, wie Römer 8 gesagt ist. Im alten Testament war das Kindesverhältnis