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sind. Sie bedürfen darum besonders der Stärkung in der Gemeinschaft des erhöhten Herrn und auch in der Gemeinschaft untereinander. So soll denn dies Sakrament ferner von uns hochgehalten werden als Beweis der Liebe, mit der der Herr sich zu uns herabläßt. Aber ist nun auch beim zweiten Sakrament, wenn wir so sagen dürfen, der heilige Geist beteiligt? Kalvin behauptet es in irriger Weise: Er lehrt bekanntlich, man empfange in gewissem Sinn im heiligen Abendmahl Christi Leib und Blut, aber nur geistlich durch den Glauben. Er zieht zwei Hilfslinien, wie man mit Recht gesagt hat, eine von unten aus: der Glaube, der Christum ergreifen und gleichsam herabziehen muß und die andere von oben herab: der heilige Geist, der die Kräfte des erhöhten, freilich im Himmel eingeschlossenen Leibes und Blutes Christi den Gläubigen zuführt. Er wollte anfangs als Anhänger Luthers und Gegner Zwinglis angesehen sein, stand aber in Wahrheit nicht auf Luthers, sondern auf Zwinglis Seite; denn nach seiner Lehre kommt nicht durch den sakramentlichen Empfang, sondern durch den Glauben die Vereinigung zustande, der jederzeit in geistlicher Nießung aus dem Wort heraus Christi Leib und Blut essen und trinken, d. h. sich dessen getrösten kann, daß Christus für uns gestorben ist. Einen sakramentlichen Empfang, der zur Stärkung des Glaubens dient, lehnt er ab. Deswegen wird es aber doch nicht unrichtig sein, wenn in Gebeten der alten Kirche vor dem Sakrament mehrfach der heilige Geist angerufen wird, der diese Herabsenkung des Leibes und Blutes Christi gleichsam vermittelt. Ist es doch derselbe heilige Geist, der Jesum in der Taufe aus gerüstet hat. Und der Menschensohn nach seiner menschlich-leiblichen Natur ist seit seiner Auferstehung verklärt, d. h. ganz und völlig vom Geist durchdrungen und erfüllt. So ist der heilige Geist auch der Geist des verklärten Lebens Jesu Christi. Und so ist es denn der Geist, der es ermöglicht, daß Christi Leib und Blut als himmlische, verklärte Speise uns mitgeteilt werden kann. So dürfen wir auch bei diesem Sakrament die Liebe des Geistes erkennen und preisen.

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 Und noch ein anderes Tun des heiligen Geistes, in welchem auch die Liebe Gottes sich auf uns herabsenkt, wollen wir nicht unerwähnt lassen. Es ist dies, daß er die Christenheit für ihr Werk ausrüstet mit seinen Gaben. Das sind die charismatischen Wirkungen des heiligen Geistes, die wohl zu unterscheiden sind von den heilsordnungsmäßigen in Wort und Sakrament, die auf Bekehrung und Erneuerung des Einzelnen gerichtet sind. Ueber sie spricht sich der große Apostel wiederholt eingehend aus, so Ephes. 4, besonders aber 1. Kor. 12–14. Die charismatische Wirkung hängt ja gewiß mit der andern heilsordnungsmäßigen Wirkung des Geistes zusammen. Auch sie knüpft an das Wort und in gewissem Sinn an den Glauben an. Etwas von Glauben, mindestens die Ueberzeugung