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Wege gewiesen. Sie wissen und wir werden zum Schluß noch einmal darauf zurückkommen, daß der Diakonissenberuf, der unter den Augen der Apostel eingeführt worden ist, in der Kirche allmählich abnahm und schließlich ganz abkam, daß er abgelöst wurde vom Klosterwesen und daß auch die Reformation es zu keiner Erneuerung dieses besonderen Berufes gebracht hat, da sie darauf gewiesen war auf eine andere Art der Betätigung des Glaubens und seiner Bewährung durch gute Werke ihr Auge zu richten. Als dann im Jahre 1836 in der evangelischen Kirche die weibliche Diakonie erstand, da weist schon gleich der Name, den man wie von selbst wählte, auf die älteste Zeit der Kirche zurück, an die man wieder anknüpfen wollte. Man hatte dabei gewiß zugleich das Vorbild der römischen Kirche, die barmherzigen Schwestern, vor Augen und man war zur Erneuerung des Diakonissenberufes geführt worden durch die Werke der Barmherzigkeit, durch Betätigung der inneren Mission, welche die damalige Zeit, wie auch jetzt noch in erhöhtem Maße die Gegenwart, gebieterisch forderte. So gebieterisch kann man sagen, daß das Diakonissenwesen der evangelischen Kirche eine reife Frucht der bisherigen kirchengeschichtlichen Entwicklung ist, ausgehend vom Gemeindeamt durchs Klosterwesen hindurch zur freien Liebesarbeit gelangt, wie sie der Kirche der Gegenwart sonderlich vom Herrn geschenkt ist. Aber es ist dabei nicht zu verkennen, daß die Diakonie der Gegenwart in bescheidener Weise aufzutreten Ursache hat. Ein Gemeindeamt, ein von der Kirche selbst geordneter Beruf ist sie nicht mehr, sondern vielmehr freier Tätigkeit überlassen. Es hat schon Löhe gerne darauf aufmerksam gemacht, daß unsere Diakonissen nicht sowohl auf das Beispiel der Phöbe, der gemeindlichen Diakonisse, ein Recht hätten sich zu beziehen, sondern auf das Haus Stephana 1. Kor. 16, 15, das sich freiwillig zum Dienst begeben hat. Eine freiwillige Dienstleistung ist es und die Form, in der das Diakonissenwesen erneuert wurde, ist die Art einer freien Genossenschaft, eines Mutterhauses. Gleichwohl dürfen wir doch darin einen in den Dienst der Kirche mit vollem Bewußtsein gestellten geordneten Beruf erblicken. Wir sind darum auch zu einer Einsegnung berechtigt. Wenn wir bei der Konfirmation, die keinen Grund in der Schrift hat, lediglich Kirchenordnung ist, unter Handauflegung segnen, warum sollten wir es nicht beim Amt einer Diakonisse tun, wo es sich wenigstens um einen Beruf für die Gemeinde handelt und wobei man sich beziehen darf auf das Beispiel der apostolischen Kirche, in der gleichfalls von der Kirche berufene Diakonen ohne jede Frage durch Auslegung der Hände in ihr Amt eingewiesen worden sind. Und, wenn man etwa darauf hinweisen will, daß es sich bei der Konfirmation immerhin um eine eigentliche im vollen Sinn von der Kirche geordnete Handlung handelt, während die Einsegnung der Diakonissen durch einen vollzogen wird,