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hat der Herr vollbracht, nur einen Baum hat er verdorren lassen, der ihm Abbild Israels war, aber an Menschen hat er kein Strafwunder getan, es vielmehr den beiden Donnerskindern, wie wir gehört haben, ausdrücklich verboten. Aber besonders will der Herr durch die Wunder auch zeigen, und das ist wichtig für Dienerinnen der Barmherzigkeit, daß er auch gern leiblicher Not sich annimmt. Es ist nichts Kleines und Geringes, wenn unsere Schwestern in den äußeren leiblichen Nöten dienen sollen und wollen, wenn sie nicht ausziehen unter der stolzen Flagge der „Seelenpflege“, nicht Reden und Vorträge halten, sondern eben einfach den leiblichen Nöten dienen – so freilich, wie der Heiland auch, wovon wir nachher reden werden, der zugleich der Seele dienen wollte.

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 Er wollte aber weiter durch die Wunder zeigen, was er letztlich will und bezweckt. Wenn sein Werk zur Vollendung geführt ist, werden alle Krankheiten und auch der Tod völlig überwunden sein und insofern haben die Wunder des Herrn eine gewisse weissagende Bedeutung auf die Vollendung aller Dinge. In dieser Weise dürfen auch die Kranken und die, welche um Verstorbene trauern, auf die Wunder des Herrn hingewiesen werden. Es wird die Zeit kommen, wo die Erde die Toten wiedergeben wird und in der Vollendung wird keine Krankheit und kein Leid mehr sein. Zugleich kann man wohl auch darauf hinweisen, daß wenn wir Glauben haben, wir dann auch manchmal wunderbarer Hilfe uns dürfen getrösten. Johann Jakob Moser, der um der Gerechtigkeit willen unverdiente Kerkerhaft auf dem Hohentwiel erdulden mußte, ward dort aufs schwerste von Gichtleiden geplagt. Als er das Evangelium vom 3. Sonntag nach Epiphanias las, da, sagt er selbst, gab ich in meinem Herzen Gott die Ehre, daß er das jetzt auch noch, so es sein Wille ist, vermöchte und es war ihm, als ob er die Stimme des Herrn selber hörte: Stehe auf und wandle! Und er stand auf und war von seinem Gichtleiden frei und vermochte zu gehen. Das kann der Kommandant, der kein Pietist ist, bezeugen, fügt er in seiner Lebensbeschreibung hinzu denn er hat es selbst miterlebt. Also die Wunder des Herrn dürfen in dem Sinn auch wohl Kranken zum Trost werden: Wenn der Herr will, kann er helfen wunderbar und er erbarmt sich jedenfalls auch der leiblichen Not. Der Beweggrund der Wunder ist nichts anderes als sein Erbarmen. Ihn jammerte des Volkes und er sah hinter der äußeren Not die Macht der Sünde, die in die Welt gekommen war. Darum erzürnte er sich innerlich und erregte sich selbst am Grab des Lazarus, weil ihm hier die finstere Macht des Todes besonders überwältigend entgegentrat; er ergrimmte im Geist. Besonders ist aber zu betonen, worauf schon hingewiesen wurde, die seelsorgerliche Art der Wunder des Herrn. Sie haben an sich nie etwas Magisches und Zauberhaftes, sondern sind immer auf Heilung