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Jesus Christus sei wahrhaftiger Gott... von der Jungfrau Maria geboren“ und also unser Herr. Ja wahrer Mensch – nicht nur Menschengestalt etwa nahm er an, wie das in der Anfangszeit der Doketismus vielfach behauptete, nein er hat vielmehr Menschennatur angenommen, er ist wirklich Mensch geworden, darum ist er von der Jungfrau Maria geboren und weil er geboren ist, so ist er wahrer Mensch, ein Glied des menschlichen Geschlechts. Er ist nicht minder wahrer Gott, weil er in Ewigkeit vom Vater geboren ist. Nur darf dieser Ausdruck, wie schon einmal angedeutet, nicht falsch verstanden werden. Es ist damit nicht ein Vorgang gemeint, der etwa vorzeitlich in der Ewigkeit sich einmal zugetragen hätte, das wäre der Standpunkt des Arius, der behauptete: es war eine Zeit, da Jesus nicht war, der Jesus zwar hoch erhob, aber doch unter die Geschöpfe einreihte, wenn auch als das höchste und vollkommenste unter allen. Nein, ein ewiges Verhältnis wird damit ausgesprochen. In Ewigkeit weiß und will der eine ewige Gott sich so, daß er besteht als der, von dem alles ist und als der, der das Ebenbild seines Wesens und der Abglanz seiner Herrlichkeit ist, des Vaters ewiges Wort und zugleich als der Geist, der ewig in beiden lebt und wirkt. Es ist das Verdienst des Kirchenlehrers Origenes, das klar erkannt zu haben, was unter der ewigen Zeugung gemeint sei, nämlich das ewige Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Soviel im allgemeinen über die Lehre von der Person Christi.

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 Manche einzelne Fragen könnten nun auch noch zur Besprechung kommen hinsichtlich der göttlichen und menschlichen Natur in Christo. So besonders die Frage über die Selbstentäußerung. Das geht auf Phil. 2, wo der Apostel sagt, daß Jesus, ob er gleich in göttlicher Gestalt war... entäußerte sich selbst.“ „Er hielt es nicht für einen Raub Gott gleich sein“, das kann man vorwärtsblickend beziehen auf die Gottgleichheit, die ihm bestimmt war, die er erlangen sollte, aber nicht wollte und sollte mit Gewalt an sich raffen, sondern vielmehr erwerben auf dem Weg des leidenden Gehorsams. Oder es kann rückwärts bezogen werden auf die Gottgleichheit, die er vor seiner Menschwerdung ewig beim Vater gehabt, dann ist es so zu verstehen, daß er sie nicht für einen Raub achtete, also nicht meinte sie unter allen Umständen festhalten zu müssen; vielmehr bereit war sie zeitweilig aufzugeben. Mag man es nun so oder anders verstehen, immer ist gesagt, daß Christus sich aus Liebe zu uns entäußert hat. Wessen aber hat er sich entäußert? Der göttlichen Gestalt, der Eigenschaften der Weltbeziehung Gottes, nämlich der Eigenschaften, die Gott der Welt gegenüber betätigt, der Allmacht und der Allwissenheit. Es entsteht wieder die Frage: Hat er sich dessen entäußert nach seiten des Besitzes oder des Gebrauches? Auch eine vielfach besprochene Frage. Im Grund