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ist dann am Ende seiner Regierungszeit die Unvollkommenheit auch dieses Vorbildes hervorgetreten, wie denn die fernere Königszeit zeigen sollte, daß das rechte Königstum aus Davids Haus nicht in der Gegenwart, sondern in der Zukunft liege. Und wie wichtig nun die Prophetie! Die früheren Offenbarungen waren Gotteserscheinungen gleichsam von außen her. Mit Mose tritt die Prophetie ein, mit welcher Gott sich menschlicher Werkzeuge bedient. Die Propheten haben dem Volke den Willen Gottes geoffenbart. Je länger die Zeit währte, je mehr sich die Blicke auf die Zukunft richten mußten, desto mehr haben sie ihre Worte auch für die Zukunft niedergeschrieben. Und zuletzt hatte Israel an dem geschriebenen Wort seinen Halt und seinen Trost. Und wie wunderbar ist der Gang der Weissagung: zunächst von der Menschheit her, von des Weibes Samen aus, nehmen die Verheißungen ihren Ausgang. Dann wird der aus Sems Geschlecht kommen soll als Abrahams Same bezeichnet, dem Jakob verheißen, dann dem Stamm Juda’s in Aussicht gestellt und zuletzt 2. Sam. 7 als der Sohn Davids verheißen. Die prophetischen, königlichen und hohepriesterlichen Aemter sollten auf ihn hinweisen, der in den späteren prophetischen Schriften als der große Knecht Gottes erscheint, der kommen wird Gottes Werk auf Erden auszurichten. – Daneben geht aber die andere Linie von oben nach unten, wenn von dem Kommen Gottes geweissagt wird, von dem großen Tag des Herrn. In Christo laufen die beiden Linien zusammen, wie der Herr selbst einmal im Anschluß an den 110. Psalm angedeutet hat: Davids Sohn und Davids Herr! Wie viel wäre noch zu sagen auch von den Vorbildern, die in der Geschichte selber liegen. Weil die ganze Geschichte Israels wunderbar von Gott gewirkt war, so mußte sich immer wieder vorbildlich darstellen, was einst kommen sollte, so oft ein neuer Abschnitt der das Heil vorbereitenden Geschichte eintrat oder endigte. Nur über eines müssen wir noch ein Wort sprechen, nämlich

 IV. wie die erziehende Liebe Gottes besonders in der Bedeutung des Gesetzes zu erkennen ist.

 Das Gesetz ist durch Mose gegeben. Wir wissen, der Mensch ist sich selbst auch ein Gesetz, insofern des Gesetzes Werk geschrieben ist in seinem Herzen. Weil aber das Gewissen der Menschen getrübt wurde durch die Sünde, so hat Gott seinen Willen objektiv geoffenbart und einzeichnen lassen auf zwei steinere Tafeln. Wir haben zu reden von dem Verhältnis zwischen Verheißung und Gesetz. Die Verheißung ist älter als das Gesetz. Das Gesetz ist 350 Jahre darnach gekommen und ist nebenein gekommen, wie Paulus sagt, um das Volk vorzubereiten auf Christum. Es war die Aufgabe des Gesetzes für Israel, das Volk zu erhalten für das Heil. Wie ein Zaun hat das Gesetz Israel umgeben und von den andern