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Liebe zu bewundern! An die älteste Ueberlieferung der Offenbarung knüpft Gott an; denn Abraham war aus Sems Geschlecht und hat mit Sem noch etliche Jahre zusammen gelebt. Und doch etwas Neues, Wunderbares beginnt zugleich. Wider den Lauf der Natur wird Abraham der Vater eines Sohnes von seinem Weibe Sarai. Wunderbar war die weitere Leitung und Erziehung, oftmals gerade entgegen den menschlichen Gedanken. Nicht Esau, der kräftigere, der Erstgeborene, sondern Jakob sollte der Erbe der Verheißung werden. Nicht von Rahel, dessen geliebter Gattin, sondern von Lea, der verschmähten, mußte der Träger der Verheißung kommen. Nicht Ruben, nicht einer der Erstgeborenen, sondern Juda, der in der Mitte der Reihe stand, ist der Gelobte, den seine Brüder loben sollen. Und wie wunderbar hat Gott das Volk selbst geführt, da er es in früher Kindheit heraushob aus seinem natürlichen Boden und es nach Egypten verpflanzte, damit unvermischt mit heidnischen Elementen die Familie sich entwickeln konnte zum Volk und damit bezeugt wurde für alle Zeit, daß das Volk Gottes nicht in der Heimat, sondern in der Fremde sich entfaltet. Der lange Wüstenzug sollte zeigen, wie auch der Weg der Kinder Gottes geht durch die Wüste dieser Welt in die Heimat nach Kanaan. Eine gewaltige Persönlichkeit – menschlich angesehen und im Reiche Gottes – ist und bleibt Moses, der aus dem Wasser Gezogene, wie er im Egyptischen hieß, oder der Herausführer, wie sein Name in der hebräischen Umdeutung lautet. Für die Weltgeschichte ist er der Gesetzgeber, seines Volks, in der Religionsgeschichte der Hauptvertreter des Monotheismus. Für uns, die wir es geistlich ansehen, ist er der Mann des Gesetzes, der Mittler des alten Bundes zwischen Gott und den Menschen, der erste Prophet und zugleich der Anfänger der heiligen Schrift. Auf welche Höhe wurde Israel gehoben durch die Gesetzgebung auf Sinai! Dann kamen freilich wieder Zeiten des Stillstandes, die Richterzeit, wo Israel sich hätte einleben sollen wie im heiligen Lande so in den Ordnungen des Gesetzes, welche Aufgabe es aber schlecht erfüllte. Und doch erweckte ihnen Gott immer wieder Heilande, wenn er sie um ihres Götzendienstes willen dahingegeben hatte in die Hände ihrer Feinde. Und am Ende der Richterzeit steht wieder eine gewaltige Gestalt: Samuel, der ebenso Prophet war wie Richter, fast möchte man sagen, König seines Volkes und der zugleich opfern durfte, obwohl er nicht aus priesterlichem Geschlecht stammte, sondern nur aus levitischer Familie. Auch war er offenbar ein Förderer der heiligen Schriften, von denen manche sicherlich auf ihn zurückgehen. Dann die Könige – zuerst ein König, den sie mit Unrecht gefordert hatten und mit dem sie gestraft wurden, bis der König nach dem Herzen Gottes David hervortrat. Und dann durfte unter Salomo, diesem Herrscher des Friedens das Königreich seinen schönsten Glanz entfalten; freilich