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als Schuld erkannt sein will. Jedenfalls müssen wir festhalten, daß Gott die Sünde überhaupt nicht gleichgiltig ist. Wir haben schon andeutend von den sogenannten Eigenschaften Gottes gesprochen, wie Gott, der Vollkommene, Ewige sich betätigt gegenüber der Welt und gegenüber dem Menschen. Gegenüber der Welt in der Doppelheit: Erhabensein über die Welt und Einwirken in die Welt. Gegenüber dem Menschen auch wieder in der Doppelheit, daß er, der heilige Gott, sich unterscheidet vom sündigen Menschen und daß er, der Gott der Liebe, sich des sündigen Menschen annimmt. Beides, seine Heiligkeit und Liebe, ist zusammengefaßt in der Vollkommenheit Gottes, denn der die Fülle alles Lebens in sich schließt, erschließt sich dem Menschen in der Liebe. Er schließt sich aber auch ab von allem, was Sünde ist. So gibt es in Wahrheit einen Zorn Gottes, den man nie wird verwechseln wollen mit dem Zorn des Menschen, der nicht tut, was recht ist. Es mag bemerkt werden, daß es in dieser Jakobusstelle 1, 20 heißt: „Des Menschen Zorn wirket die Gerechtigkeit Gottes nicht.“ Es steht nach der Schrift fest: es gibt einen Zorn Gottes. Erstmals 2. Mose 4 heißt es: Der Herr ward zornig über Mose. In Gottes Mund findet sich der Ausdruck Zorn erstmals 2. Mose 22, 23. 24. „Mein Zorn wird über sie entbrennen,“ wenn etwa die Witwen und Waisen bedrängt würden. Wie oft ist weiterhin bei den Propheten vom Zorn Gottes die Rede, der über die Sünder entbrennt. Und im neuen Testament wird das bestätigt. An der Schwelle desselben spricht schon Johannes der Täufer davon: „Der Zorn Gottes bleibet über ihnen.“ Der Herr Jesus hat nicht nur bildlich in Gleichnissen vom Zorn Gottes geredet, „daß der Herr zornig ward, also daß er seine Heere aussandte gegen die Uebeltäter.“ Er redet ausdrücklich vom „zukünftigen Zorn“, der über Israel kommen wird (Luk. 21). Er selbst, der Sanftmütige, hat das achtfache Wehe in mächtigem Zorn gegen die Pharisäer ausgesprochen. Von ihm selbst heißt es einmal: er schaute sie an voll Zorn, als sie es wagten, durch den Menschen mit der verdorrten Hand ihn zu versuchen. (Marci 3). Sie wollten seine Erbarmung mißbrauchen, um eine Sache wider ihn zu finden. Auch die Apostel schreiben davon. Paulus nennt im Römerbrief besonders deutlich den Zorn Gottes wider die Sünde und auch im letzten Buch der Bibel klingt dies ernste Zeugnis uns noch entgegen. Es gibt einen Zorn Gottes, das ist eine Erregung in Gott wider die Sünde. Gerade weil die Gottesliebe so energisch ist, so tätig sich beweisen will, so wendet sie sich im Zorn gegen die, die diese Liebe mißachten. Darum ist Gott ein eifriger Gott, er will die Sünde nicht ungestraft lassen; es ist in ihm eine gewaltige Erregung gegen dieselbe vor der wir uns fürchten sollen. Luther erklärt: „Wir sollen uns fürchten vor seinem Zorn und nicht wider solche Gebote tun.“ Das