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sagt, dem Menschen sei das Recht gegeben, sich auszuleben, so wie er eben ist. Das sagt nicht nur jener antichristliche Philosoph Nietzsche, der am Ende des vorigen Jahrhunderts lebte und schrieb. Das sagen auch die vielen Christen, die sich in ihrer Verkehrtheit entschuldigen wollen mit der Rede: ich bin eben einmal so. Da wird auch die Schuld der Sünde auf Gott selber geschoben. Viel ernster und tiefer geschieht das in der Lehre von der absoluten Prädestination oder Gnadenwahl, von der wir gestern sprachen und schon zeigten, wie sie den klaren Aussagen der Schrift widerspricht. Die Sünde hat ihre Ursache in dem bösen Willen der Kreatur und die Schrift zeigt uns als Urheber des Bösen den Satan (d. i. Feind), den Teufel (d. i. Verkläger oder Verleumder, wohl auch im Sinn des Widersachers gemeint). Und der Teufel, so ist mit Sicherheit aus der Schrift zu entnehmen, ist selbst von Gott abgefallen und also der Urheber des Bösen geworden. Dieser Vorgang, der Abfall des Teufels von Gott, wird uns in der Schrift wenigstens angedeutet. Den Judasbrief lassen wir dabei außer Betracht, weil die Stelle, die von dem Fall des Satans zu handeln scheint, auf einen später vorgekommenen Fall innerhalb der Engelwelt, den 1. Mose 6 berichtet, bezogen werden kann. Aber ein klares Wort des Herrn haben wir Johannes 8, wo der Herr sagt: „Er ist nicht bestanden in der Wahrheit.“ In welcher Wahrheit mag er nicht bestanden sein? In der Wahrheit, daß er unter Gott stand, von Gott bestimmt war, Ihm zu dienen, verpflichtet, Ihm zu gehorchen. Er wollte aber selbst herrschen, etwas sein ohne Gott, gegen Gott, ja statt Gott. Er hat sich gegen Gott empört, um sich an Gottes Stelle zu setzen. So ist er der Urheber des Bösen geworden und weil er, der Feind Gottes, ihm selbst nichts anhaben kann, da er in der Herrlichkeit thront, so sucht er Gottes Werk auf Erden unter den Menschen zu stören. Die Frage bleibt immer: Warum hat das Gott zugelassen? Warum hat er diesen Empörer nicht alsbald der verdienten Verdammnis oder Vernichtung übergeben? Derartigen Fragen können Schwestern in ihrem Beruf häufig begegnen; denn es ist bekannt, daß der Unglaube oft seinen Anfang nimmt darin, daß man das Dasein des Teufels leugnet, wie man so leicht die Redensart hören kann: „alles will ich glauben, was in der Bibel steht, außer das eine, daß es einen Teufel gibt.“ Und doch ist die Leugnung des Satans, des persönlichen Urhebers und Vertreters des Bösen, durchaus nicht gleichgiltig. Wer das Dasein des Teufels leugnet, erkennt die Macht er Sünde nicht, die uns selber anficht. Wer das Dasein des Teufels leugnet, kennt auch die Größe der Erlösung nicht, denn dazu ist der Sohn Gottes gekommen, daß er die Werke des Teufels zerstöre.

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 Aber, was soll man nun sagen auf die Frage: warum ließ