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nie ein Ruhekissen der Entschuldigung, sondern muß Antrieb zu treuester Arbeit sein. Viele Unvollkommenheiten treten uns in der Wirklichkeit der Kirche entgegen. Denken wir an die landeskirchliche Verfassung, wie sie sich in Deutschland nach geschichtlicher Notwendigkeit in der Reformationszeit bilden mußte. Dieselbe konnte an sich dem Wesen der Kirche nicht entsprechen, wie Luther sehr wohl wußte, sondern nur um der Not willen ließ er den Fürsten als hervorragenden Kirchengliedern und darum dazu Berufenen die äußere Leitung der Kirche, was dazu geführt hat, daß bei uns ein katholischer König der Landesbischof er evangelischen Kirche ist. Aber wir sehen andererseits auch in den Freikirchen wie viel Trennung und Spaltung dort vielfach vorhanden ist. So ist es wichtig, eine Kirche der Zukunft vorzubereiten und wir wissen, daß Löhe in seiner Diakonissenschar auch eine solche Sammlung treuer Glieder der Kirche beabsichtigte, die ein Samen sein sollte für die Kirche der Zukunft. Und wo man Jungfrauen und andere kirchliche Glieder der Kirche zusammenschließt, hilft man die Kirche der Zukunft, die eine freie Bekenntnis- und Glaubensgemeinschaft sein wird und sein muß, vorzubereiten. Das gottesdienstliche Leben in unserer Kirche ist auch vielfach unrichtig ausgestaltet. An vielen Orten unserer Landeskirche fehlen die liturgischen Ordnungen vollständig, die Beteiligung der Gemeinde am Gottesdienst ist meist nur auf den Gesang der Lieder beschränkt, es gibt kein gemeinsames Bekenntnis der Sünde, kein lautes Bekenntnis des Glaubens, wenig gemeinsame Anbetung. In Diakonissenhäusern kann die liturgische Ausgestaltung des Gottesdienstes am leichtesten ins Leben eingeführt werden und darin hat auch unser Haus doch einen besonderen Beruf. Löhe sagt: „Konfirmation, Beichte und Zucht, das sind die drei größten Schäden, welche die Kirche Gottes in der Gegenwart, freilich nicht die lutherische allein, aufweist.“ Denken wir, wie ungünstig sich die Beichte gestaltet. In Diakonissenhäusern ist die Privatbeichte doch noch bekannt und kann gesucht und geübt werden, wovon in den meisten Gemeinden nicht mehr die Rede ist und ebenso wahre Seelsorge und Kirchenzucht. Die Bedeutung des heiligen Abendmahls ist in Bezug auf seine Wertung furchtbar zurückgegangen. Die reine Lehre hat zwar unsere Kirche in vielen Kämpfen sich gewahrt, aber wie wenig wird segenbringender Gebrauch davon gemacht: auch hier haben Diakonissengemeinden ihren besonderen Beruf. Aber der schwerste Mangel, an dem wir tragen, ist die Lehrverschiedenheit, die Trennung, die in der Kirche eingetreten ist. Leider, daß auch die Kirche der Reformation in die lutherische und schweizerische sich trennte und daß dann durch die Union tatsächlich aus 2 Kirchen drei gemacht wurden und daß dadurch das Bekenntnis vollends in Unsicherheit gestellt wurde. Wie wichtig ist es da für uns, festzuhalten im rechten Glauben auch in der Gemeinschaft des Altars