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wahre Duldung möglich. Wenn die Kirche überall ist, wo Gottes Wort und Sakrament sind, so können wir auch unter Römischen und unter den reformierten Sekten die Kirche finden, solange auch da das Wort, ob auch mit manchem Irrtum vermischt, gepredigt und die heiligen Sakramente, wenn auch mit manchem Mißbrauch vermengt, verwaltet werden. Da ist innere Einheit vorhanden bei Freiheit im übrigen. Nicht einerlei Ordnungen müssen sein, auch nicht einerlei Verfassung. So tritt die Kirche in die Erscheinung. Sie tritt in die Erscheinung, vor allem durch die Lehre des göttlichen Wortes und hier ergibt sich die Notwendigkeit und Bedeutung des kirchlichen Glaubensbekenntnisses. Zu Glaubensbekenntnissen ist die Kirche geführt, geworden schon in früher Anfangszeit durch die Taufe. Ein Taufbekenntnis wollte und mußte sie haben. Die Bekenntnisse bekamen dann noch mehr Bedeutung im Gegensatz zu Irrlehren, die auftraten. Sie sind noch wichtiger geworden, seit sich die Kirche getrennt hat in verschiedene Bekenntniskirchen, weil dieselben aussagen müssen, was eine Kirche glaubt und lehrt, im Unterschied von andern. Innere Notwendigkeit treibt die Kirche das auszusagen, was sie erkenntnismäßig erfaßt hat aus dem Schatz der göttlichen Offenbarung. Das Bekenntnis ist zugleich die wichtige Regel für den Lehrstand, der an das Bekenntnis der Kirche muß gebunden sein. Das Bekenntnis ist ferner die Anleitung zum Verständnis der Heilswahrheiten für die Kirchenglieder. Die Kirche tritt ferner in die Erscheinung durch ihre Gottesdienste und darum sind die Kirchenordnungen so wichtig. Die römische Kirche hat einerlei Gottesdienstordnung im missale romanum. Es kommt gewiß darauf an, daß eine Ordnung der Gottesdienste besteht, durch die die Predigt und reine Verwaltung der Sakramente gewährleistet ist, aber es wird hier die Aufgabe sein Gebundenheit und Freiheit in der rechten Weise zu vereinigen. Die Kirche tritt in die Erscheinung besonders durch die Feier der Sakramente, der heiligen Taufe und des heiligen Mahles, weil dieselben kirchenbildend sind, die Taufe, weil sie, wie in die Gemeinschaft mit Gott, so auch in die Gemeinschaft seiner Kirche aufnimmt, das heilige Mahl, weil es wie in der Gemeinschaft mit Christo, so auch in der Gemeinschaft der Gläubigen uns stärkt. Wichtige Zeugnisse für die Erscheinung der Kirche sind die Kirchenordnungen, die wir erst einzeln durch Luther erhielten: das Taufbüchlein von 1523, die deutsche Messe von 1525, das erste Gesangbuch von 1524 und für den Unterricht der Jugend sein Katechismus von 1529, dann aber zusammengefaßt in der brandenburgisch-nürnbergischen Kirchenordnung von 1535. Und wie viele sonstige geisterfüllte Schriften hat die Kirche hervorgebracht in ihrer reichen Erbauungsliteratur. Da brauchen wir nicht zu suchen, wo die Kirche auf Erden vorhanden ist. In ihrer Predigt, im Gottesdienst, in der