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in der Unsichtbarkeit im Himmel thront. Dazu wollte der Herr nach Vollendung seines Werkes nicht auf Erden bleiben, sondern zurückkehren in die Herrlichkeit, weil er nur durch den Glauben erkannt sein wollte, wie er denn die Losung ausgab: Nicht sehen und doch glauben. Und so sammelt sich dem gen Himmel erhöhten Herrn seine Gemeinde, das ist die Kirche. Die Kirche ist die Gesamtheit aller der Menschen, die durch den Glauben verbunden sind mit Christus, dem erhöhten Haupte und darum im Zusammenhang stehen untereinander. Die Kirche kann genannt werden, wie Melanchthon sagt: die Gemeinschaft des Glaubens und des heiligen Geistes in den Herzen der Menschen, sie kann genannt werden die Gemeinde der Gläubigen oder der Heiligen. Jedenfalls will sie und soll sie sein eine Glaubensgemeinschaft. Es ist etwas Großes um die Zusammengehörigkeit eines Volkes, das verbunden ist durch das Einheitsband der Muttersprache, durch die Geistesschätze, die ein Volk in seiner Sprache, in seiner Literatur niedergelegt hat. Es ist etwas Großes um den Staat, der zusammengehalten wird durch gemeinsam durchlebte Geschichte, durch gemeinsame Ordnungen und Gesetze. Die Volksgemeinschaft bezieht sich mehr auf die natürliche Seite des Menschen, das staatliche Leben mehr auf die persönliche Seite des Menschen und deswegen mag man staatliche Gemeinschaft höherstellen als Volksgemeinschaft. Aber das ist unzweifelhaft: die herrlichste Einigungsmacht, die es gibt, ist die Kirche. Hier eint nicht die Sprache nur oder äußere Ordnungen und Gesetze, hier schließt zusammen der eine Glaube. Damit ist ein Sinn vorhanden. Es stehen alle auf einem Grund, es gehen alle denselben Weg, es streben alle einem Ziel entgegen. Aber eben damit ist die Kirche eine Liebesgemeinschaft und man darf sie wohl mit Löhe „den schönsten Liebesgedanken des Herrn“ nennen. In Liebe sind die verbunden, die in Wahrheit der Kirche angehören; denn das ist uns auch nun klar, daß in Wahrheit nur die zur Kirche gehören, die in einem Glauben stehen. Die alle können zur Kirche gehören, die dem Herrn Christus durch die Taufe einverleibt sind und wenn sie ihn im Glauben für ihren Herrn erkennen, dann gehören sie in Wahrheit dazu. Eine Liebesgemeinschaft ist die Kirche. Kein Mensch darf von dem andern sagen: er geht mich nichts an, weil jeder Mensch unser eigen Fleisch und Blut ist, teilhaftig derselben einen Menschennatur. Kein Christ kann vollends vom Mitchristen sagen: er geht mich nichts an. Haben wir nicht einen Gott mit ihm zum Vater, einen Herrn Jesus Christus zum Erlöser und Mittler und ist es nicht ein Geist, der in den Herzen wirkt? Wie nachdrücklich hat darum der Herr den Seinen anbefohlen, daß sie sich untereinander lieb haben. Wie hat er für sie gebetet im letzten großen Gebet, das anzuhören er die Jünger würdigte, daß sie doch alle in Liebe möchten verbunden bleiben. Wie nachdrücklich regen dazu an die