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sie etwas gelernt haben in seiner bisherigen Unterweisung, ob sie nun wissen, wer er sei. Da sie sich durch Petrus Mund freudig zu ihm, als dem Sohn Gottes, dem Messias Israels bekennen, so hat er von dem an mehr begonnen, von seinem Leiden zu reden. Zugleich in diesem wichtigen Augenblick spricht er erstmals von seiner Gemeinde Matth. 16. „Auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde“ und kurz darnach Matth. 18 noch einmal: „Sage es der Gemeinde,“ „hört er die Gemeinde nicht.“

 Was ergibt sich nun für das Verhältnis vom Reich Gottes und der Kirche oder der Gemeinde Christi? Reich Gottes ist der umfassendere Begriff. Es ist da nicht gemeint die Herrschaft Gottes über das Weltall, das er lenkt und leitet, sondern davon ist die Rede, daß er unter den Menschen ein Reich, eine Herrschaft herstellen wollte, wie er es von Anfang an hatte und einst wieder haben wird in der Vollendung, in der Herrlichkeit. Er hat es vorbereitet im Volk Israel, vorbildlich in der Unvollkommenheit der Volksgestalt, um dadurch dem kommenden Heil den Boden zu bereiten und Israel auf das kommende Heil hinzuführen. Aber nun, seit Christus kam, ist das Reich Gottes wirklich vorhanden. Mit ihm, seinem Zeugnis, seiner Botschaft ist es ganz nahe herbeigekommen und seit er sein Werk vollbracht, seit er sich gesetzt hat zur Rechten Gottes in der Höhe besteht sein Reich und zwar besteht es in Form seiner Gemeinde auf Erden. So ist denn das Reich Gottes der umfassendste Begriff, der von der Ewigkeit ausgehend, bis in die Ewigkeit hineinreicht.

 Dagegen die Dauer der Kirche ist nach zwei Seiten hin, was Anfang und Ende anlangt, begrenzt. Die Kirche hat ihren Anfang genommen am Tage der Pfingsten. Die bisher Jünger des Herrn waren, werden nun zu seiner Gemeinde geeint durch den Geist, den sie empfingen, der in ihnen wohnte und wirkte. Und diese Kirche wird bleiben bis zum Ende, sie wird nicht vergehen, aber sich dann verklären zur vollendeten Kirche. So kann man wohl den schönen Unterschied gutheißen zwischen streitender und triumphierender Kirche: die Kirche jetzt im Streit und einstmals die vollendete, die den Sieg erlangt hat. Sie sind in Wahrheit eins, doch werden wir sagen dürfen: dann ist die Kirche zum Reich Gottes vollendet worden; dann ist das Reich erschienen, das verheißen ist von Anbeginn der Welt, dann ist nicht mehr zu unterscheiden zwischen der Herrschaft des Vaters über die Welt und der sonderlichen Herrschaft des Sohnes als des Oberhauptes der Gemeinde, zu dem er gesetzt ist; dann wird, wie der Apostel 1. Kor. 15 so tiefsinnig sagt, der Sohn das Reich dem Vater überantworten, auf daß Gott sei alles in allem. Dann ist alles zur letzten Vollendung gelangt. – Die Kirche selbst in ihrem eigentlichen Verstand ist also nichts anderes als die dermalige Gestalt des Reiches Gottes in der Zeit, da Jesus